Deutschland
Roth droht mit Rückzug von der Grünen-Spitze
Bei Abkehr von Grundsatz der Trennung von Amt und Mandat
Berlin - Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth hat mit
ihrem Rückzug von der Parteispitze gedroht, falls die Grünen nicht
ihren langjährigen Grundsatz der Trennung von Amt und Mandat
aufgeben. Roth sagte der "Bild am Sonntag" (BAMS): "Dann trete ich
bei der kommenden Wahl zum Parteivorsitz nicht an und bin einfach
Bundestagsabgeordnete." Nachdrücklich forderte sie ihre Partei auf,
das langjährige Prinzip der Trennung von Amt und Mandat aufzugeben.
"Solche Uralt-Prinzipien müssen von Zeit zu Zeit überprüft werden. Es
stärkt die grüne Partei in der Regierungskoalition, wenn die
Parteivorsitzenden zugleich im Bundestag sitzen." Die Wahl der
Parteispitze steht bei einem Grünen-Parteitag im Dezember an. Vor wenigen Tagen hieß aus Teilnehmerkreisen nach der ersten
Sitzung der neuen Grünen-Bundestagsfraktion, Roths Kollegen im
Grünen-Vorsitz, Fritz Kuhn, habe angekündigt, er und Roth würden sich
im Dezember wieder für den Parteivorsitz bewerben. Voraussetzung
dafür sei aber, dass die Partei zuvor ihre Satzung ändere und dabei
die geforderte Trennung von Amt und Mandat aufhebe. Kuhn wie Roth
waren bei der Bundestagswahl am 22. September neu in den Bundestag
gewählt worden.
Zur Frage, ob sie sich gegebenenfalls um das Amt einer
Fraktionsvorsitzenden der Grünen bewerben könnte, sagte Roth der
"BamS": "Das liegt mir fern." Zudem sei die Fraktion bei einer
solchen Entscheidungen völlig autonom. Sie allein "und niemand sonst"
entscheide über die Besetzung der Fraktionsspitze. Mit Blick auf
Berichte, nach denen der Grünen-Spitzenkandidat bei der Wahl,
Außenminister Joschka Fischer, sich bereits auf eine Personallösung
für die Besetzung der Fraktionsspitze festgelegt habe, sagte Roth:
"Joschka Fischer ist Mitglied dieser Fraktion. Dort wird gemeinsam
und frei entschieden - und nicht auf Anweisung hin".
Nach dem Rückzug der bisherigen Fraktionschefs Rezzo Schlauch und
Kerstin Müller steht bei den Grünen eine Neubesetzung dieser Ämter
an. Als aussichtsreiche Bewerber dafür gelten die parlamentarische
Geschäftsführerin Katrin Göring-Eckardt und die frühere
Grünen-Parteichefin und Ex-Wissenschaftssenatorin in Hamburg, Krista
Sager. Diese beiden Kandidatinnen werden nach Angaben aus
Parteikreisen auch von Joschka Fischer favorisiert. Es gibt aber auch
noch andere Bewerber um die beiden Führungsämter. (APA/Reuters)