Wien - Mit violetter Krawatte um den Hals nahm Christoph
Daum am Freitagnachmittag am Trainer- bzw. "Schleuder-Stuhl" der
Wiener Austria Platz. Drei Jahre lang soll die Zusammenarbeit
zwischen dem Deutschen und dem österreichischen Rekord-Cupsieger
dauern, mit Blick auf die Trainerstatistik der "Veilchen" seit 1990 -
Daum ist die Nummer 18 in zwölf Jahren - eine höchst optimistische
Planung. Der 48-Jährige hatte sich in den vergangenen Tagen laut
eigenen Angaben vor Angeboten kaum erwehren können, doch Sturm Graz,
Schachtjor Donezk und Co. hatten gegen die gemeinsamen Visionen von
Frank Stronach, Peter Svetits und Daum keine Chance.
"Liebe auf den ersten Blick"
"Das Konzept, das mir offeriert wurde, ist für mich genau das
richtige", erklärte Daum und sprach von "Liebe auf den ersten Blick".
Erst am Dienstag hatte der Deutsche seine neuen Kicker beim Rückspiel
in der Ukraine gegen Schachtjor Donezk gesehen, zu diesem Zeitpunkt
schien eine Einigung mit den Österreichern jedoch so unmöglich zu
sein wie eine mehrjährige Amtszeit eines violetten Cheftrainers. Laut
Sportdirektor Svetits hätte es zwar in Donezk eine "lockere
Plauderei" gegeben, zur Sache ging es jedoch erst ab Donnerstag, als
es das erste Treffen mit Big Boss Stronach gab. Freitagmittag war
schließlich der Deal unterschrieben und am Sonntag auswärts gegen den
GAK wird Daum bereits sein Debüt geben.
Flexibles System gefragt
Von seiner Austria erwartet der Fast-DFB-Teamchef "Flexibilität
und kein starres System", als seine Philosophie vom Fußball
bezeichnet Daum den Grundsatz "zwei Tore mehr als der Gegner
schießen". Zum Gegner wird der in Zwickau geborene Deutsche u.a. auch
Sturm Graz haben. Mit Sturm-Präsident Hannes Kartnig war Daum in
Verhandlungen gestanden, diese hätten sich jedoch "wie Kaugummi in
die Länge gezogen". "Kartnig hat sich sehr um mich bemüht, es gab
sehr, sehr viel Telefonate. Das Ganze war aber von sehr viel Zögern
geprägt", fasste Daum die Gespräche mit Sturm zusammen.
"Habe Hausaufgaben erledigt"
Ganz anders verliefen hingegen die Verhandlungen mit Stronach und
Svetits, den Daum punkto Kompetenz mit Reiner Calmund, seinem Manager
aus Zeiten in Leverkusen, vergleicht: "Die Visionen waren viel
überzeugender. Wir wollen gemeinsam etwas Großes aufbauen. Die
Austria funkt auf meiner Wellenlänge, sie stehen hinter dem, was sie
sagen und leben für das, was sie sagen." Nach seiner Trennung von
Besiktas Istanbul im April hielt sich Daum mit intensiver Analyse der
Weltmeisterschaft in Asien und der Sondierung des Spielermarkts in
Südamerika "fit": "Ich habe meine Hausaufgaben erledigt."
Nur die Leistung zählt
Auch den ÖFB-Teamchef Hans Krankl möchte Daum bestmöglich
unterstützen. "Wir wollen Spieler ausbilden, mit denen Österreich
Erfolg haben kann." Eine besondere Bevorzugung von rot-weiß-roten
Kickern wollte der Startrainer aber nicht absegnen: "Passport,
Blutgruppe oder Hautfarbe entscheiden nicht", erklärte der Deutsche,
der bisher regelmäßig in Österreich seinen Urlaub verbrachte.
Ohne Rückspiegel
Wenn das Thema Richtung seiner "Kokain-Affäre" geht, hört jedoch
die Daumsche Redseligkeit auf. "Ich schaue grundsätzlich durch die
Windschutzscheibe und nicht durch den Rückspiegel", betonte Daum, dem
Stronach gleich hilfreich zur Seite kam: "Jeder Mensch macht Fehler
im Leben, wir wollen darüber gar nicht weiter diskutieren. Er hat
dafür gebüßt." (APA)