Europa
Polen: Erzbischof Glemp verbietet "Radio Maryja"
Ultrakonservativer und nationalistischer Sender darf nicht mehr im Namen der Kirche um Spenden bitten
Warschau - Der Erzbischof von Warschau, Kardinal Jozef
Glemp, hat den umstrittenen katholischen Rundfunksender "Radio
Maryja" faktisch verboten. In einer in Warschau veröffentlichten
Erklärung untersagte Glemp dem Sender, im Namen der Kirche um Spenden
zu bitten, meldete die Kathpress am Mittwoch. Gleichzeitig mahnte er
alle Gläubigen, "Radio Maryja" nicht zu hören, sondern den
offiziellen katholischen Radiosender der Erzdiözese, "Radio Jozef",
einzuschalten. "Radio Maryja", das auf Grund seiner ultrakonservativen,
nationalistischen und anti-europäischen Beiträge immer wieder
kritisiert wird, wurde vor zehn Jahren von dem Redemptoristenpater
Tadeusz Rydzyk gegründet und erreicht nach eigenen Angaben landesweit
täglich drei bis vier Millionen Hörer. Der Sender hat seinen
Hauptsitz im nordpolnischen Torun und finanziert sich aus Spenden.
Bereits vor einem Monat hatte Glemp die Schließung von lokalen
Büros des Rundfunksenders in seiner Erzdiözese angedroht. Der Sender
unterhält in zahlreichen Pfarren Büros, die nicht in erster Linie dem
Sendebetrieb dienen, sondern der Organisation von Gottesdiensten,
Einkehrtagen oder sonstigen Veranstaltungen. Eine kirchliche
Einrichtung, "sei sie auch noch so angesehen oder berühmt", dürfe
aber laut dem Kirchenrecht ohne Erlaubnis des Ortsbischofs keine
Gottesdienste, Konferenzen oder andere Formen religiöser Unterweisung
veranstalten, stellte Glemp damals klar.
Für die "Radio Maryja"-Büros liege eine solche Genehmigung nicht
vor. Sollte die Büros nicht bis zum 1. Oktober die Genehmigung des
Ortsbischofs einholen und auch erhalten, würden sie geschlossen,
verfügte der Erzbischof. Die jetzige Maßnahme Kardinal Glemps gilt
nur für den Bereich seiner Erzdiözese, sie dürfte aber auch
Auswirkungen auf das künftige Verhalten anderer Bischöfe gegenüber
"Radio Maryja" haben. Warschauer Kirchenkreise weisen darauf hin,
dass Glemp seit längerem darum bemüht ist, die Position seines
diözesanen Rundfunksenders "Radio Jozef" zu stärken.(APA)