Minister Bartenstein will strenger durchgreifen - Hartz-Kommission bringt Bewegung in heimische Arbeitsmarktreform
Redaktion
,
Wien - Die Ergebnisse der deutschen Hartz-Kommission zur
Reform des Arbeitsmarkts bringen auch in Österreich wieder Bewegung
in die Diskussion. Der Verwaltungsrat des Arbeitsmarktservice (AMS)
kommt in einem Papier, das am Mittwoch von Wirtschafts- und Arbeitsminister
Martin Bartenstein und AMS-Chef Herbert Buchinger präsentiert wurde,
zum Schluss, dass in Österreich ein Großteil der Vorschläge schon
umgesetzt sei. Andere Ansätze, wie etwa die Nicht-Vermittlung von
über 55-jährigen, werden abgelehnt, einige Themen erscheinen aber
durchaus diskussionswürdig. Bartenstein wünscht sich nun, dass diese
Themen von den Sozialpartnern aufgegriffen und noch vor den
Nationalratswahlen am 24. November diskutiert werden.
Verbesserungen hält Bartenstein vor allem beim Frühwarnsystem, bei
den Zumutbarkeitsbestimmungen und bei der Ausweitung des
Versichertenkreises auf Selbstständige und neue Arbeitsformen für
notwendig. Vor allem aber will der Minister strengere Strafen gegen
Schwarzarbeit von Arbeitslosen durchsetzen: Wer beim Pfuschen
erwischt wird, soll künftig den Anspruch auf Arbeitslosengeld
verlieren. AMS-Chef Buchinger plädiert vor allem für eine
Vereinfachung der Zuverdienstregeln und eine stärkere Differenzierung
der Sanktionsmöglichkeiten.
Betroffene sollen sich selbst melden
Derzeit muss ein Unternehmen sich frühzeitig an das AMS wenden,
wenn es mehr als 5 Prozent der Arbeitnehmer kündigten will. "Das ist
aber nicht sehr sinnvoll, weil das AMS nur Namenslisten bekommt", so
Bartenstein. Künftig sollen sich auch die Betroffenen selbst sofort
beim AMS melden müssen. Andernfalls würden sie - wie in der
Hartz-Kommission vorgeschlagen - eine Verzögerung beim
Arbeitslosengeld riskieren.
Angelehnt an die Hartz-Kommission sollen auch die
Zumutbarkeitsbestimmungen für Anfahrtszeiten bei überregionaler
Jobvermittlung überarbeitet werden. Zwar gebe es beim AMS schon jetzt
pro Jahr 12.000 Vermittlungen - 8.000 davon in Tourismusberufen -
über die Bundesländergrenzen hinweg, allerdings ist dies nur bei
Personen ohne Betreuungspflichten möglich. Arbeitslose mit Kindern
oder Familie werden meist nur innerhalb der Gemeindegrenzen
vermittelt. "Das ist nicht mehr zeitgemäß", so Bartenstein.
Berufschutz
Beim Berufschutz hofft der Wirtschaftsminister auf baldige
Vorschläge der Sozialpartner, nachdem diese Gespräche im Frühjahr
abgebrochen wurden. Möglich sein müsse ein Mischsystem aus dem von
den Arbeitnehmern verlangten absoluten Entgeltschutz und dem von den
Arbeitgebern gewünschten System, bei dem die Kollektivverträge die
Untergrenze darstellen.
AMS-Chef Buchinger begrüßte vor allem, dass durch die
deutschen Hartz-Vorschläge wieder Bewegung in die zuletzt
festgefahrenen Sozialpartnergespräche gekommen sei. Er forderte
neuerlich eine "Modernisierung der Recht und Pflichten der
Arbeitslosen". Derzeit könnte das AMS Verstöße nur mit 6- bis
8-wöchige Streichung des Arbeitslosengeldes bzw. der Rückforderung
unrechtmäßig kassierter Leistungen bestrafen.
Zu den möglichen Auswirkungen eines Mindestlohns von 1.000 Euro,
wie dies die FPÖ vorgeschlagen hat, meinte Buchinger: "Quantifizieren
lässt sich das nicht, es wäre aber eine Gefährdung für Betriebe die
weniger zahlen". Der Wirtschaftsminister erklärte, er könne "das
politische Ziel, so rasch wie möglich einen solchen Mindestlohn zu
erreichen, durchaus unterschreiben. Die Frage sei nur, ob man dies
gesetzlich verwirkliche oder weiterhin auf den bewährten Weg über die
Sozialpartner setze.(APA)
Forum:
Ihre Meinung zählt.
Die Kommentare im Forum geben nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion wieder.
Die Redaktion behält sich vor, Kommentare, welche straf- oder zivilrechtliche Normen verletzen,
den guten Sitten widersprechen oder sonst dem Ansehen des Mediums zuwiderlaufen
(siehe ausführliche Forenregeln),
zu entfernen. Benutzer:innen können diesfalls keine Ansprüche stellen.
Weiters behält sich die STANDARD Verlagsgesellschaft m.b.H. vor, Schadenersatzansprüche
geltend zu machen und strafrechtlich relevante Tatbestände zur Anzeige zu bringen.