"Bereitschaft zum Krieg manchmal einzige Chance für den Frieden" - Geteilte Reaktionen der Delegierten
Redaktion
,
Das breite Lächeln, einst Tony
Blairs Markenzeichen, ist verschwunden. Mit entschlossener, fast düsterer Miene hat
der britische Premier am
Dienstag auf dem Kongress
seiner Labourpartei seine harte Irak-Politik verteidigt.
"Manchmal ist Bereitschaft
zum Krieg die einzige Chance
für den Frieden", sagte Blair
im Konferenzzentrum Winter
Gardens in Blackpool. Er wisse um die Sorge, Amerikaner
und Briten könnten im Alleingang losschlagen. "Gut, dann
lasst uns den Weg der UNO
nehmen. Lasst uns Saddam
ein Ultimatum stellen. Aber
wenn er sich nicht beugt, dann
lasst uns handeln." Wenn die
Welt den Willen verliere, das
Problem irakischer Massenvernichtungswaffen zu lösen,
dann "zerstören wir die Autorität der Vereinten Nationen,
nicht die Autorität Amerikas
oder Großbritanniens".
Die Reaktion war gemischt.
Blairs starke Worte wurden
mit Beifall bedacht, andererseits hielten einige Delegierte
Plakate hoch: "Kein Krieg gegen Irak". Eine Reaktion, wie
sie typisch war für diesen Parteitag. Es war seit 1994, als
Tony Blair an die Parteispitze
trat, die wohl schwerste innenpolitische Prüfung für ihn.
Es grenzte an eine Ohrfeige,
als Blair am Montagabend eine
deftige Abstimmungsniederlage erlitt: 67 Prozent der Delegierten forderten das Kabinett auf, seine Initiative, die
mehr Privatkapital in den öffentlichen Sektor pumpen
will, zu überdenken.
Vor allem aber schieden
sich die Geister am Thema
Irak. Blair bekam zwar eine
Mehrheit für seine Irak-Resolution, aber erst, nachdem er
das Papier entschärft hatte.
Ein Entwurf, der dem Kabinett
freie Hand für einen Militärschlag gegeben hätte, wäre ab 4. Spalte
gelehnt worden - so signalisierten es die Späher an der
Parteibasis. Daraufhin formulierte die Parteispitze die Resolution um: Nur wenn die
UNO grünes Licht gebe, stimme London, als letzte Option,
einem Waffengang zu. Dieser
Beschluss wurde angenommen. Wie stark die Pazifisten
sind, hatte eine zweite Abstimmung gezeigt. 40 Prozent
der Delegierten lehnten eine
Attacke, egal ob mit oder ohne
UN-Segen, rundheraus ab. Ein
Krieg gegen Bagdad würde die
UN-Charta "in Fetzen zerreißen", warnte der Altlinke Tony Benn, einer der Wortführer
der pazifistischen Fraktion. (DER STANDARD, Printausgabe, 2.10.2002)
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