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Wien - Das wie ein prächtig gewetzter Stiftzahn in die Verkehrsflut der Zweierlinie hereinragende Volkstheater ist nicht nur die zweitgrößte, sondern auch die am schwierigsten zu bespielende Bühne Wiens: ein von unsichtbaren Traditionen überladenes Haus, das, obzwar unverrückbar, einen weiten Weg zurückgelegt hat - vom Bürgerinstitut zur Gewerkschaftsbühne, mit lauter Glücks- und Katastrophenepisoden dazwischen und danach. Die acht Direktorenjahre (1979-1987) des skrupulösen Intellektuellen Paul Blaha, 1925 in Maribor geboren, gehören zu den unentschiedenen, gleichwohl bemühten Phasen des Hauses. Der langjährige Theaterkritiker und Kurier -Journalist holte viel von dem nach, was seine glorioseren Vorgänger Epp und Manker hinter Personalstilen zu verstecken wussten. Sein Projekt einer nachholenden Moderne, das Stücke des Exilkommunisten Friedrich Wolf ebenso einbezog wie Brecht oder Turrini, Mitterer und Unger, blieb halbherzig; es schloss das Haus aber gegenüber neuen Strömungen auf. Blaha war ein introvertierter Mensch. Er schrieb eine Vielzahl von Büchern und betrieb das, was einer angeblich entwickelten Gesellschaft ziemt: Volksbildung. Am Montag ist der viel dekorierte Paul Blaha 77-jährig in Wien an Krebs gestorben. (poh /DER STANDARD, Printausgabe, 2.10.2002)