Gesundheitspolitik
Millionenüberweisung garniert mit Klage
Klage als Flankenschutz für Kassengelder - Oberösterreich speist Ausgleichsfonds und ruft Gericht an
Wien - Einmal bitte 37 Millionen Euro überweisen: Mit diesem eher nicht alltäglichen
Überweisungsauftrag erfüllte
die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse am Dienstag den gesetzlichen Auftrag,
in den neu installierten Ausgleichsfonds der Krankenkassen einzuzahlen. Nicht ohne
gleichzeitig zu verkünden,
dass sie gegen diese Zahlung
und das zugrunde liegende
Gesetz Ende Oktober beim
Verfassungsgerichtshof Klage
einbringen wird.
Laut Obmann Helmut Oberchristl fehle für die "Zwangsdarlehen" finanzstärkerer
Kassen nicht nur die "sachliche Rechtfertigung", es sei zudem eine "Ungleichbehandlung der Kassen", die Rückzahlungsbestimmungen seien
nicht klar. "Das können wir so
nicht stehen lassen, das ist
fahrlässige Krida", sagte Oberchristl im STANDARD-Gespräch.
Er hege zudem die Befürchtung, dass der Vorschlag von
Gesundheitsstaatssekretär
Reinhart Waneck, alle neun
Gebietskrankenkassen zusammenlegen zu wollen, in
die Richtung gehe, dass
"Gläubiger und Schuldner
dann eh nicht mehr auseinander zu halten sind". Den solidarischen Ausgleich für strukturell bedingte Vor- und Nachteile der einzelnen Krankenkassen hätte man niemals
infrage gestellt, betonten die
Linzer Kassenchefs.
Zusätzlich zum Zwangsdarlehen müssten in den
kommenden zwei Jahren noch
45,2 Millionen Euro an oberösterreichischen Beitragsgeldern nach Wien abgeliefert
werden, um finanzschwächeren Kassen kurzfristig das
Überleben zu sichern, rechnet
Oberchristl vor. Die Darlehen
müssen in den Jahren 2005 bis
2009 wieder zurückgezahlt
werden - allerdings trauen die
Geberkassen der Vereinbarung nicht ganz.
Daher haben die Vorarlberger bereits Klage beim Höchstgericht eingereicht. Zwölf
Millionen Euro hätten sie
zwar vorschriftsgemäß "berappen müssen", sagte Obmann Wieland Reiner. Er setzt
aber nicht nur auf die Klage,
sondern auch auf seinen
Glauben in die Rückzahlungsgarantie: "Wir liefern ab, weil
wir an die Gesetze glauben."
Insgesamt hätten am 1.Oktober auf dem Konto des
Hauptverbandes 172 Mio. Euro aus Oberösterreich, Vorarlberg, Salzburg und Niederösterreich sowie von den Versicherungen der Gewerblichen
Wirtschaft und des Bergbaus
eingegangen sein sollen. (Lisa Nimmervoll/DER STANDARD, Printausgabe, 2.10.2002)