67 Prozent der Delegierten unterstützten Antrag der Gewerkschaften auf Überprüfung der
Teilprivatisierung öffentlicher Dienste
Redaktion
,
Blackpool/London - Der britische Premierminister Tony
Blair hat am Montag beim Labour-Parteitag in Blackpool eine
Abstimmungsniederlage erlitten. 67 Prozent der Delegierten
unterstützten einen Regierungs-kritischen Antrag der Gewerkschaften.
Dieser Antrag verlangt eine Überprüfung der umstrittenen
Teilprivatisierung öffentlicher Dienste wie des Gesundheitswesens. Es
war erst die zweite Abstimmungsniederlage dieser Art, seit Blair 1994
die Führung von Labour übernommen hatte.
Praktische Auswirkungen hat die Schlappe allerdings nicht: Die
Regierung hatte bereits vorher angekündigt, Schulen und Krankenhäuser
künftig in jedem Fall stärker privatwirtschaftlich zu organisieren
und zu finanzieren. Der Protest der Delegierten werde daran nichts
ändern.
Kritische Stimmen gab es auch zu Blairs Irak-Politik.
Entwicklungsministerin Clare Short, die sich als bisher einziges
Mitglied des Kabinetts gegen einen Krieg ausgesprochen hatte, sagte
in einer Rede vor den Delegierten: "Wir können alle die
Kriegstrommeln hören. Niemand sollte das begrüßen." Die Regierung
müsse alles tun, um "die Autorität der Vereinten Nationen zu schützen
und zu stärken".
Gegner eines Krieges brachten einen Antrag gegen die von Blair
vertretene Linie ein. Darin riefen sie alle Delegierten dazu auf,
sich einem Appell des ehemaligen südafrikanischen Präsidenten Nelson
Mandela anzuschließen, "Präsident (George W.) Bush nicht in einem
Krieg gegen den Irak zu folgen". Die Parteiführung stellte sich
jedoch geschlossen hinter Blair.
Finanzminister Gordon Brown, der als parteiinterner Rivale und
möglicher Nachfolger Blairs gilt, lobte dessen Führungsstärke. Er
bestritt, dass die Labour-Partei in der Irak-Frage gespalten sei:
"Die Leute fühlen ganz deutlich, dass die Verbreitung von
biologischen, atomaren und chemischen Waffen nur verhindert werden
kann, wenn die internationale Gemeinschaft wie ein Mann
zusammensteht, und ich glaube, dass die Leute hier Tony Blairs
Führungsrolle unterstützen wollen."
Blair, dessen Grundsatzrede Dienstag Nachmittag mit Spannung
erwartet wurde, äußerte sich am Montag nur in der BBC. Er sagte, er
hoffe, dass der irakische Präsident Saddam Hussein durch
internationalen Druck dazu gezwungen werden könne, seine
Massenvernichtungswaffen aufzugeben. "Aber wenn nicht, dann müssen
wir als internationale Gemeinschaft bereit sein, ihn dazu zu
zwingen." Auf die Frage, ob die USA und Großbritannien notfalls auch
allein - ohne UNO-Unterstützung - gegen den Irak vorgehen würden,
vermied Blair eine klare Antwort. (APA/dpa)
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