Wirtschaft
Geordnete Umschuldung im Staatskonkurs
IWF will internationales Konkursgericht entwickeln
Washington - Die Finanzkrise in Lateinamerika und der konjunkturbedingt deutlich verringerte Kapitalfluss in die Entwicklungsländer, der heuer mit
123 Mrd. Dollar um ein Drittel
niedriger ausfallen wird als im
Schnitt der letzten zehn Jahre,
rückten die Schuldenproblematik bei Weltbank und Internationalem Währungsfonds
(IWF) wieder ganz nach oben
auf die Agenda. Nach den Plänen der stellvertretenden IWF-Chefin Anne Krueger soll ein Mechanismus für internationale
Konkursregeln (Sovereign
Debet Restructuring Mechanism) geschaffen werden, der
es insolventen Staaten erlaubt, nach dem Vorbild des
amerikanischen Chapter 11
mit den Gläubigern eine teilweise Schuldenstreichung zu
vereinbaren. Ergänzt werden
soll dieser Plan durch Klauseln in internationalen Anleihen (Collective Action Clause), die im Problemfall ein geordnetes Verfahren vorsehen.
Das soll Klagen einzelner Anleihengläubiger wegen Zahlungsunfähigkeit des Schuldners verhindern, die nach US-Recht möglich wären.
Quotendiskussion
Die Pläne für eine Erleichterung der Schuldenprobleme
wurden von den Entwicklungsländern begrüßt und von
den Industriestaaten grundsätzlich positiv aufgenommen. Es sei vereinbart worden, diese jetzt im Detail auszuarbeiten, um sie auf der
Frühjahrstagung 2003 neuerlich zu diskutieren, sagte der
Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank, Klaus
Liebscher, in einem Pressegespräch in Washington.
Wenig Begeisterung löste
dagegen der von einigen Entwicklungsländern vorgebrachte Wunsch nach Quotenerhöhung des IWF aus.
"Der IWF ist mit derzeit 280
Milliarden Dollar ausreichend
dotiert", findet Liebscher. Davon seien 83 Mrd. Dollar verliehen. Wenn man von notwendigen Reserven in Höhe
von 65 Mrd. Dollar (66,5 Mrd. €)
ausgehe, verbleiben rund 130 Mrd. Dollar für Kredite an
Entwicklungsländer. Österreichs Anteil an der IWF-Quote beträgt 0,9 Prozent oder
rund 2,6 Mrd. Dollar.
Stabilitätspakt
Ein "Europäisches Thema"
sei die Diskussion um den
Stabilitätspakt. Liebscher bedauerte, dass die EU-Kommission eine Verschiebung des
Ziels ausgeglichener Haushalte auf 2006 vorgeschlagen hat
und forderte, dass wenigstens
das Limit von drei Prozent des
Bruttoinlandsprodukts (BIP)
bei der jährlichen Neuverschuldung respektiert werden
müsse. Nicht der Stabilitätspakt sei das Hindernis, sondern der Mangel an Reformen
in einzelnen Euroländern.
Die Bekämpfung der Geldwäsche ist nun auch für den
IWF zu einem zentralen Thema geworden, sagte Liebscher.
Alle Mitgliedsstaaten hätten
Berichte über die von ihnen
ergriffenen gesetzlichen und
administrativen Maßnahmen
vorgelegt. Österreich habe dabei gut abgeschnitten, ergänzte IWF-Direktor Hans Prader.
Sogar die USA hätten dem
Land eine sehr effektive Bekämpfung der Geldwäsche attestiert.
Die Bemühungen um die
Schaffung einer Art Gütesiegel für den Finanzsektor der
einzelnen Länder wird von
Österreich unterstützt, erklärte die stellvertretenden Notenbankgouverneurin Gertrude Tumpel-Gugerell. Österreich habe zugestimmt, vom
IWF eine Bewertung seiner
Finanzaufsicht vornehmen zu
lassen, wie dies etwa bei
Deutschland und Großbritannien bereits im Gange sei. Mit
der Prüfung soll im Herbst
nächsten Jahres begonnen
werden. (Günter Baburek, DER STANDARD, Printausgabe 1.10.2002)