Wen immer man bei der Nato fragt, die Antworten fallen überwiegend positiv aus: Die von den USA vorgeschlagene schnelle Eingreiftruppe für das Bündnis sei die richtige Antwort auf die Bedrohungen des neuen Jahrtausends. Nach den Strategien des Kalten Krieges (des massiven Zurückschlagens und der "flexible response") bedürfe es nun punktgenauer Einsätze gegen die "Schurkenstaaten" mit Massenvernichtungswaffen und die Terroristennester dieser Welt.Dass diese Operationen auch weit außerhalb des in den Nato-Verträgen genau abgesteckten Bündnisgebietes durchgeführt werden sollen, ist für die meisten Militärs und Diplomaten in Brüssel kein Problem. Der Einsatz der Truppe müsse ja einstimmig vom Nordatlantik-Rat beschlossen werden, militärische Abenteuer (die von den USA vorangetrieben werden könnten) seien so ausgeschlossen. Und überdies: Auch die derzeit im Aufbau befindliche EU-Truppe könne in einem Radius von 4000 Kilometern um die Grenzen der Union eingesetzt werden. Das ist durchaus korrekt. Genauso wie die Einschätzung, dass sich die Einheiten der "Nato Response Force" wohl zu einem hohen Grad mit jenen der EU-Armee decken werden. Daraus erklärt sich aber nicht, wieso sich die USA ausgerechnet jetzt auf die Nato besinnen, die nach dem 11. September erstmals den Bündnisfall ausgerufen hatte und von den Amerikanern etwa beim Afghanistan-Angriff doch außen vor gelassen wurde. Eine Antwort darauf könnte in der neuen Sicherheitsstrategie liegen, die Präsident Bush unlängst dem Kongress präsentiert hat. Darin finden sich prekäre Passagen: Von Präventivschlägen gegen Staaten, die Massenvernichtungswaffen besitzen, ist die Rede. Wollen die USA diese tatsächlich führen, braucht auch eine Supermacht, die stets für zweieinhalb konventionelle Kriege gerüstet ist, Reserven an schnell einsetzbaren Truppen. Und eine solche könnte die "Nato Response Force" ab 2006 sein. (DER STANDARD, Printausgabe, 30.9.2002)