Deutschland
Stühlerücken bei der PDS?
Pau erwägt Kandidatur für Parteivorsitz - Noch-Vorsitzende Zimmer und ihre mögliche Nachfolgerin weisen Gysi-Kritik an Wahlkampfführung zurück
Berlin - Nach der dramatischen Wahlniederlage der PDS
bahnt sich bei den deutschen Sozialisten ein Machtkampf um die
Parteiführung an. PDS- Vize Petra Pau erwägt, Gabi Zimmer an der
Parteispitze abzulösen. "Ich gebe mir noch eine Woche Bedenkzeit",
sagte Pau am Samstag beim Landesparteitag der PDS
Mecklenburg-Vorpommern in Güstrow. Laut "Spiegel" hat die direkt
gewählte Bundestagsabgeordnete intern bereits ihre Bereitschaft zur
Kandidatur erklärt. Unterdessen wiesen Pau und Zimmer einhellig die
Kritik des früheren PDS-Fraktionschefs Gregor Gysi an der
Wahlkampfführung des Parteivorstandes zurück. Als Hauptgrund für das Wahldebakel machte Pau die mangelnde
Entscheidungsfreude ihrer Partei aus. "Wir sitzen seit Jahren
überfällige Entscheidungen aus. Wir waren konfliktscheu. Weil wir das
zugelassen haben, sitzen wir nun so tief im Schlamassel", sagte die
Vize-Chefin, die als eine von nur noch zwei PDS-Politikerinnen über
das Direktmandat den Wiedereinzug in den Bundestag schaffte.
Verantwortung für die
Wahlniederlage
Zu ihren Ambitionen sagte Pau, als bisherige stellvertretende
Vorsitzende stehe sie mit in der Verantwortung für die
Wahlniederlage. Deshalb habe sie sich noch nicht entschieden, ob sie
für die Vorsitz kandidieren wolle. Der "Spiegel" berichtete,
Pragmatiker in der Parteiführung hätten Pau zu einer Kandidatur
gedrängt und sie habe nachgegeben. Dem widersprach PDS-Sprecher
Hendrik Thalheim. Bisher habe sich niemand offiziell beworben. Erst
beim Bundesparteitag in Gera in zwei Wochen werde über Personalien
entschieden. Zimmer hatte erklärt, sie stehe wieder als Vorsitzende
zur Verfügung, wenn die Partei dies wünsche.
Laut "Spiegel" soll Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch dem
früheren Fraktionschef Roland Claus weichen und dafür als Minister
nach Mecklenburg-Vorpommern wechseln. Thalheim wies auch dies zurück.
Bartsch hat bisher offen gelassen, ob er sich erneut um sein Amt
bewerben wird.
Die PDS-Landeschefin von Sachsen-Anhalt, Rosemarie Hein, forderte
personelle Konsequenzen aus der Wahlniederlage. "Wir brauchen im
gesamten Bundesvorstand personelle Veränderungen", sagte sie in einem
dpa-Gespräch in Magdeburg. Das Gremium habe sich häufig durch
"langatmige und wenig ergebnisorientierte Debatten selbst gelähmt".
Zimmer forderte ihre Kritiker wie Gregor Gysi auf, "mit der PDS
und nicht in erster Linie über die Medien" über die Ursachen für die
Wahlniederlage zu diskutieren. "Gurus haben wir in der PDS schon
genug", sagte sie in einem dpa-Gespräch. Gysi hatte nach dem Absturz
der PDS von 5,1 Prozent 1998 auf 4,0 Prozent bei dieser
Bundestagswahl Schwächen des Parteivorstands für die Schlappe
mitverantwortlich gemacht.
Auch Pau attackierte Gysi für seine Kritik. Es sei äußerst
merkwürdig, wenn Gysi jetzt so tue, als habe er nicht dazugehört,
sagte sie der Chemnitzer "Freien Presse" (Samstag). Mit seinen
Äußerungen falle er der Partei in den Rücken. "Das ist
selbstzerstörerisch." Pau warf Gysi vor, mit seinem Rücktritt vom Amt
des Wirtschaftssenators in Berlin "erheblich" zum Wahldesaster der
PDS beigetragen zu haben.
In aller Schärfe wies Pau Angebote der SPD zurück, pragmatische
PDS-Politiker aufzunehmen. "Die SPD sollte aufhören mit ihren
unsittlichen Angeboten einer feindlichen Übernahme." Zuvor hatte SPD-
Vize Wolfgang Thierse PDS-Mitgliedern angeboten, die Partei zu
wechseln. (APA/dpa)