Inland
Grüne präsentieren Alternativmodell zum Kindergeld
"Karenzkonto" soll eingerichtet werden - Betrag soll flexibel auszahlbar sein
Wien - Zur Kinderbetreuung schlagen die Grünen die
Einführung eines Karenzkontos vor. Der derzeit für das
Kinderbetreuungsgeld zur Verfügung stehende Betrag von insgesamt
knapp 16.000 Euro pro Kind soll demnach in ein flexibles Konto
umgewandelt werden, das individuelle nach den Bedürfnissen der Eltern
zwischen mindestens einem Jahr und maximal sechs Jahren Karenz in
Anspruch genommen werden kann.Zuverdienstgrenze soll abgeschafft werden
Die Gesamtsumme steht nur dann zur Verfügung, wenn auch der zweite
Partner zumindest ein halbes Jahr in Karenz geht. Wird sie nur von
einem Elternteil beansprucht, reduziert sich die Summe um ein Drittel
- ausgenommen davon sind Alleinerziehende. Die derzeit bestehende
Zuverdienstgrenze von rund 14.534 Euro jährlich wird dabei
abgeschafft. Es sollen auch beide Elternteile gleichzeitig in Karenz
gehen können. Auch Unterbrechungen sollen möglich sein. Die maximale
Dauer von sechs Jahren ist vor allem für Teilzeitkarenzen gedacht.
Flexibler, einfacher und praktikabler
Wie die stellvertretende Bundessprecherin Eva Glawischnig und
Sozialsprecher Karl Öllinger bei der Präsentation des Konzepts am
Freitag in einer gemeinsamen Pressekonferenz erklärten, ist das grüne
Modell nicht nur flexibler, sondern auch einfacher und praktikabler
als das derzeitige Kindergeld. Dieses wird, wenn beide Elternteile
die Betreuung übernehmen, drei Jahre ausbezahlt. Ein Elternteil kann
maximal zweieinhalb Jahre das Kindergeld in Anspruch nehmen.
Das grüne Modell ermögliche hingegen die Entscheidungsfreiheit der
Eltern und fördere das partnerschaftliche Eingehen auf die Kinder,
meinten Öllinger und Glawischnig. Die Grünen wollen damit auch
Teilzeitkarenzen und kürzere Karenzen fördern. Derzeit hätten viele
Frauen nach zweieinhalb Jahren Karenz große Schwierigkeiten, zu den
gleichen Bedingungen wieder in den Beruf einzusteigen.
Vorgesehen sind auch ein Recht auf Teilzeitarbeit und ein Recht
auf Kinderbetreuung. Für die maximale Dauer von sechs Karenzjahren
soll ein arbeitsrechtlicher Anspruch auf Teilzeitarbeit geschaffen
werden. Der im derzeitigen Modell bestehende Kündigungsschutz von
zwei Jahren soll aber auch in dem grünen Konzept nicht verlängert
werden. Bund und Länder sollen sich gemeinsam verpflichten, bis zum
Jahr 2010 die Ziele des europäischen Rates von Barcelona umzusetzen,
für mindestens ein Drittel der Kinder unter drei Jahren
Betreuungsplätze zu schaffen. Für Kinder von drei bis sechs Jahren
sollen die Angebote ganztägiger Betreuungsformen deutlich ausgebaut
werden.
Schweitzer: Grüne "Hingespinste"
Das von den Grünen vorgeschlagenen Karenzkonto zur
Kinderbetreuung stößt bei der FPÖ auf strikte Ablehnung, bei der ÖVP
zumindest auf Skepsis. Der geschäftsführende FPÖ-Klubobmann Karl
Schweitzer sprach am Freitag von "grünen Hirngespinsten". Darin
manifestiere sich eine "absolut kinder- und familienfeindliche
Geisteshaltung". ÖVP-Generalsekretärin Maria Rauch-Kallat wandte sich
zwar gegen verschiedene Details des grünen Vorschlags, sie betonte
aber, die ÖVP stehe Verbesserungen beim Kindergeld offen gegenüber,
"wenn diese finanzierbar und sozial sind und vor allem, wenn sie im
Interesse der Kinder und ihrer Eltern liegen".
Schweitzer warf der grünen "Anti-Familienpartei" vor, sie wolle
nichts anderes, als Kinderbetreuung im häuslichen familiären Bereich
zu hintertreiben, um die Kinder in Horte abzuschieben. Damit
kopierten die Grünen einmal mehr "uralte sozialistische
Gesellschaftsrezepturen", die schon längst von der Geschichte überholt
worden seien. "Dieses Bedrohungsszenario für die österreichischen
Familien muss abgewendet werden". Schweitzer forderte "ganz
eindringlich den vernunftbegabten Teil der Grünen auf, den
familienzerstörerischen Kurs von Karl Öllinger und Eva Glawischnig
nicht länger zu unterstützen und diesen Sozialchaoten das Handwerk zu
legen".
Rauch-Kallat warf den Grünen vor, die Karenzzeit kürzen zu
wollen. Zur Forderung nach mehr Flexibilität und
Partnerschaftlichkeit sagte Rauch-Kallat, diesbezüglich sei bereits
ein deutlicher Fortschritt mit der Möglichkeit einer zweimalige
Teilung der Karenzzeit zwischen den Eltern erreicht worden. Dem
geforderten Recht auf Teilzeitarbeit steht Rauch-Kallat sehr kritisch
gegenüber, "weil es aller Erfahrung nach vor allem junge Mütter aus
dem Arbeitsmarkt hinausdrängt". Auch bei der Zuverdienstgrenze habe
die Regierung einen entscheidenden Fortschritt erzielt, weil junge
Eltern heute viermal soviel dazuverdienen können, wie beim alten
Karenzgeld. (APA)