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"Wir sollten die Rhetorik über Krieg und Leben und Tod nicht politisieren": Tom Daschle im US-Kapitol.

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Als "ungeheuerlich" hat Tom Daschle, der Fraktionsführer der Demokraten im Senat, die Äußerungen von Präsident George W. Bush bezeichnet, der Anfang der Woche behauptet hatte, die Demokraten seien "an der Sicherheit der Amerikaner nicht interessiert". Daschle forderte eine sofortige Entschuldigung. Der Sprecher des Weißen Hauses, Ari Fleischer, konterte, Daschle habe den Präsidenten falsch verstanden, denn Bush habe sich in seinen Bemerkungen nicht auf den Irak bezogen, sondern auf einen Disput über das zukünftige Amt für den Heimatschutz. Dennoch besteht kein Zweifel daran, dass sich die Debatte über die von Bush vorgeschlagene Irak-Resolution zuspitzt und die politischer Rhetorik heißer wird. Denn: In sechs Wochen finden in den USA die so genannten "mid-term elections" statt, in denen für beide Parteien viel auf dem Spiel steht. Ursprünglich hatten Daschle und ein Großteil seiner Parteifreunde darauf gedrängt, die von Bush vorgeschlagene Resolution über einen möglichen militärischen Einsatz im Irak so rasch wie möglich zu verabschieden, um sich so kurz vor den Wahlen wieder drängenden innenpolitischen Themen zuwenden zu können. Dafür mussten sie starke Kritik einstecken. Sie wollten, hieß es, ein Thema, bei dem das Leben von Tausenden Amerikanern auf dem Spiel stünde, aus wahlpolitischen Motiven allzu rasch abhandeln. Schriller Ton Vom Weißen Haus wird Daschle beschuldigt, er stehe unter dem Druck des linken demokratischen Parteiflügels - offenbar ist damit Exvizepräsident Al Gore gemeint, der sich am Montag vehement gegen die Irak-Politik des Weißen Hauses ausgesprochen hatte. Trent Lott, Fraktionsführer der Republikaner im Senat, nannte Daschles Ton schrill und übertrieben: "Wer ist hier der Feind? Der Präsident der USA oder Saddam?" Die Washington Post bezeichnet den Ansatz des Präsidenten zur Irak-Debatte dagegen als "zynische und unverantwortliche Manipulation". Bush riskiere, seine Glaubwürdigkeit zu entwerten. Eine Umfrage von CBS News zeigt indes, dass vier von zehn Amerikanern der Ansicht sind, der Kongress habe nicht genügend Fragen zu Bushs Irak-Politik gestellt. Etwa die Hälfte der Befragten meinten, der Kongress solle eine Resolution der UNO abwarten und erst danach darüber abstimmen, ob dem Präsidenten das Pouvoir für einen militärischen Einsatz im Irak erteilt werden soll. Der Irak gewährt laut der US-Regierung Mitgliedern des Terrornetzwerks Al-Qa’ida Unterschlupf. Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice erklärte am Donnerstag, es gebe eindeutige Kontakte zwischen dem Irak und der Bin-Laden- Organisation. (DER STANDARD, Printausgabe, 27.9.2002)