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IHS-Chef Bernhard Felderer: Das Ziel an sich müsste früher zu schaffen sein.

Foto: Reuters/Bader
Wien - Angesichts der bevorstehenden Nationalratswahlen und ohne Budget für das Jahr 2003 befindet sich Österreichs Finanzpolitik derzeit in einer Art Warteschleife. Das neue EU-Zieldatum für einen ausgeglichenen Haushalt im Jahr 2006 löst unter Österreichs Budgetexperten höchstens Ärger über die politische Ungleichbehandlung der großen und kleinen EU-Staaten aus. "Die Großen werden geschont, die Kleinen werden gehaut", sagt Wifo- Ökonom Gerhard Lehner. Das Ziel an sich müsste aber früher zu schaffen sein, meint Bernhard Felderer, Leiter des Instituts für Höhere Studien. Voraussetzung dafür sei, dass endlich die Staatsausgaben kräftig reduziert würden. Dann gebe es auch Spielraum für Steuerentlastungen ab 2004, die parallel zur Ausgabenreduktion durchgeführt werden müssten. Ansonsten würden die öffentlichen Finanz-Probleme nur aufgeschoben und müssten - je näher man sich dem Jahr 2006 nähert - notgedrungen wieder in ein Sparpaket münden, meint Lehner. Massive Steuererhöhungen Österreichs scheidender Bundesregierung gelang es 2001 - primär aufgrund massiver Steuererhöhungen - , einen ausgeglichenen Haushalt ("Nulldefizit") vorzulegen. Weil die Konjunktur aber nicht vom Fleck kommt wird das Defizit heuer wieder auf 1,3 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt (BIP) hinaufschnellen. Auch für 2003 gehen die Prognosen von einem Defizit von einem Prozent vom BIP aus, die Kosten für die Hochwasserhilfe machen dabei für 2002 und 2003 zusammen nur 0,5 Prozent aus. "Damit sind wir noch kilometerweit von der Drei-Prozent- Defizitschwelle entfernt", sagt Lehner. Ursprünglich meldete die Bundesregierung im November 2001 das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts für 2002/2003 nach Brüssel. Insofern werde keine künftige Regierung an der weiteren Budgetkonsolidierung vorbei kommen. Die Schwierigkeiten dabei seien aber nicht mit jenen von Deutschland, Frankreich, Italien und Portugal vergleichbar. "Zum Sparen gibt es keine Alternative, auch wenn es andere EU-Staaten nun vielleicht laxer angehen. Österreich kann es sich nicht leisten, auf Dauer 17 Prozent aller Steuereinnahmen allein für die Zinsen der Schulden aus der Vergangenheit zu zahlen", sagt Felderer. Debatte um Steuerreform Die Bundesländer signalisieren unterdessen, dass eine allfällige Steuerreform wünschenswert sei, ihre Finanzen aber nicht zusätzlich belastet werden könnten. Wifo-Chef Helmut Kramer sagte sinngemäß, solange die Konjunkturaussichten nicht besser seien, sollte noch nicht über eine Steuerreform diskutiert werden. Es sei "nicht sehr dringend, künftige Budgets vorzubelasten." Weniger Sorgen ums Budget als um den Euro macht sich naturgemäß Notenbank-Gouverneur Klaus Liebscher. "Ich warne vor einer Aufweichung des Stabilitätspaktes und halte das für die Glaubwürdigkeit der Währungsunion für schädlich." (Michael Bachner, DER STANDARD, Printausgabe 26.9.2002)