Konjunkturtief belastet auch Österreichs Budget schwer
Sicherheitsmarge zu Drei-Prozent-Schwelle aber groß
Redaktion
,
Wien - Angesichts der bevorstehenden Nationalratswahlen und ohne
Budget für das Jahr 2003 befindet
sich Österreichs Finanzpolitik derzeit in einer Art Warteschleife.
Das neue EU-Zieldatum für einen
ausgeglichenen Haushalt im Jahr
2006 löst unter Österreichs Budgetexperten höchstens Ärger über die
politische Ungleichbehandlung der
großen und kleinen EU-Staaten aus.
"Die Großen werden geschont, die
Kleinen werden gehaut", sagt Wifo-
Ökonom Gerhard Lehner. Das Ziel an
sich müsste aber früher zu schaffen
sein, meint Bernhard Felderer, Leiter
des Instituts für Höhere Studien.
Voraussetzung dafür sei, dass
endlich die Staatsausgaben kräftig
reduziert würden. Dann gebe es auch
Spielraum für Steuerentlastungen ab
2004, die parallel zur Ausgabenreduktion durchgeführt werden müssten. Ansonsten würden die öffentlichen Finanz-Probleme nur aufgeschoben und müssten - je näher man
sich dem Jahr 2006 nähert - notgedrungen wieder in ein Sparpaket
münden, meint Lehner.
Massive Steuererhöhungen
Österreichs scheidender Bundesregierung gelang es 2001 - primär
aufgrund massiver Steuererhöhungen - , einen ausgeglichenen Haushalt ("Nulldefizit") vorzulegen. Weil die Konjunktur aber nicht vom Fleck
kommt wird das Defizit heuer wieder
auf 1,3 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt (BIP) hinaufschnellen.
Auch für 2003 gehen die Prognosen von einem Defizit von einem Prozent vom BIP aus, die Kosten für
die Hochwasserhilfe machen dabei
für 2002 und 2003 zusammen nur 0,5
Prozent aus. "Damit sind wir noch
kilometerweit von der Drei-Prozent-
Defizitschwelle entfernt", sagt Lehner. Ursprünglich meldete die Bundesregierung im November 2001 das
Ziel eines ausgeglichenen Haushalts
für 2002/2003 nach Brüssel.
Insofern werde keine künftige Regierung an der weiteren Budgetkonsolidierung vorbei kommen. Die
Schwierigkeiten dabei seien aber
nicht mit jenen von Deutschland,
Frankreich, Italien und Portugal vergleichbar. "Zum Sparen gibt es keine
Alternative, auch wenn es andere
EU-Staaten nun vielleicht laxer angehen. Österreich kann es sich nicht
leisten, auf Dauer 17 Prozent aller
Steuereinnahmen allein für die Zinsen der Schulden aus der Vergangenheit zu zahlen", sagt Felderer.
Debatte um Steuerreform
Die Bundesländer signalisieren
unterdessen, dass eine allfällige
Steuerreform wünschenswert sei, ihre Finanzen aber nicht zusätzlich
belastet werden könnten. Wifo-Chef
Helmut Kramer sagte sinngemäß,
solange die Konjunkturaussichten
nicht besser seien, sollte noch nicht
über eine Steuerreform diskutiert
werden. Es sei "nicht sehr dringend,
künftige Budgets vorzubelasten."
Weniger Sorgen ums Budget als
um den Euro macht sich naturgemäß
Notenbank-Gouverneur Klaus Liebscher. "Ich warne vor einer Aufweichung des Stabilitätspaktes und halte das für die Glaubwürdigkeit der
Währungsunion für schädlich." (Michael Bachner, DER STANDARD, Printausgabe 26.9.2002)
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