SPÖ-Chef Gusenbauer will im Fall eines Siegs den Kanzler-Sessel nicht an einen unterlegenen VP-Kandidaten Schüssel abtreten
Redaktion
,
Wien/Zürich - SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer schließt aus, dass
die SPÖ als stärkste Partei nach der Wahl am 24. November in einer
großen Koalition der ÖVP und Wolfgang Schüssel den Bundeskanzler
überlassen könnte. Aus seiner Sicht wäre das ein "ganz, ganz
gravierender Fehler", so Gusenbauer in einem Interview für die "Neue
Zürcher Zeitung" (Mittwoch-Ausgabe). Als Wahlziel gibt er an, die SPÖ
wieder zur stärksten Partei zu machen und die Mehrheit von
Schwarz-Blau zu brechen.
"Eine schwierige Wahl"
Gusenbauer: "Ich bin der Meinung, dass der stärksten Partei der
Bundeskanzler zusteht. Das ist ein demokratisches Recht, und unter
dem werden wir's auch nicht geben. Und ehrlich gesagt, wenn sich in
der SPÖ die Meinung durchsetzt, dass wir, obwohl wir stärkste Partei
sind, eine Koalition mit der ÖVP machen sollen und der ÖVP auch den
Bundeskanzler geben, dann wäre das ein ganz, ganz gravierender
Fehler, für den ich zumindest nicht zur Verfügung stehe."
Der SPÖ-Chef erwartet dabei nicht, dass seine Wahlziele leicht zu
erreichen sein werden. "Es wird eine schwierige Wahl, und es wird ein
enges Wahlergebnis werden. Was wir vorhaben, ist alles andere als ein
Sonntagsspaziergang." Und weiter: "Das ist schon eine Angelegenheit
von historischen Ausmaßen - die nunmehr seit über 20 Jahren
bestehenden Kräfteverhältnisse verändern zu wollen."
Negative Bilanz
Seine Bilanz der ÖVP-FPÖ-Regierung fällt erwartungsgemäß negativ
aus. "Die Wende ist am Ende, weil das Politikkonzept und das
Wirtschaftskonzept nicht aufgegangen sind." Ökonomische Erfahrungen
seien negiert worden. Das Teuerste, was einem Finanzminister
passieren könne, sei steigende Arbeitslosigkeit.
Zur wirtschaftlichen Stabilität, kombiniert mit sozialem
Zusammenhalt bekenne sich auch die SPÖ - "aber mit ganz klarer
Blickrichtung auf das, was sich ein Staat leisten kann, und im festen
Wissen, dass wir uns nicht alles leisten können". Er habe sich immer
gegen eine defizitfinanzierte Sozialpolitik ausgesprochen. "Von der
Politik des ausgeglichenen Haushaltes gibt es nur zwei Ausnahmen:
langfristig wirksame Investitionen in die öffentliche Infrastruktur
und Gegenaktionen in Zeiten einer Wirtschaftskrise."
Die SPÖ würde laut Gusenbauer auch Privatisierungen nicht
rückgängig machen. "Das wichtigste Anliegen ist für mich, dass es bei
den wichtigen Unternehmungen einen österreichischen Kernaktionär
gibt. Aber das muss nicht der Staat sein." (APA)
Forum:
Ihre Meinung zählt.
Die Kommentare im Forum geben nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion wieder.
Die Redaktion behält sich vor, Kommentare, welche straf- oder zivilrechtliche Normen verletzen,
den guten Sitten widersprechen oder sonst dem Ansehen des Mediums zuwiderlaufen
(siehe ausführliche Forenregeln),
zu entfernen. Benutzer:innen können diesfalls keine Ansprüche stellen.
Weiters behält sich die STANDARD Verlagsgesellschaft m.b.H. vor, Schadenersatzansprüche
geltend zu machen und strafrechtlich relevante Tatbestände zur Anzeige zu bringen.