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Disney-Chef Michael Eisner hat an Ansehen verloren. Aus Insiderkrisen heisst es: "Er sieht einfach wie ein Mann aus, der um jeden Preis seinen Job behalten will."

Foto: Reuters/Cheun
Wien/Los Angeles - "Keine Lust auf Mickymaus", oder gar "Aus die Maus". Sarkastische Schlagzeilen der Branchenblätter illustrieren: Das US-amerikanische Disney-Imperium ist nach einer vermeintlich endlosen Erfolgsserie in den 80er- und 90er-Jahren tief in die Krise geschlittert. Konzernchef Michael Eisner, trotz seines eigenwilligen Führungsstils jahrzehntelang unangefochten, steht gegenwärtig im Schussfeld interner und externer Kritik. Die Disney-Aktie ist seit Ende 2000 auf ein Drittel ihres Wertes geschrumpft: Derzeit notiert sie bei 15 Dollar, knapp über dem tiefsten Stand seit 1994. Eisner muss sich von Aktionären und Marktanalytikern den Vorwurf krasser Fehlinvestitionen und mangelnder Development-Strategien gefallen lassen: Vor wenigen Tagen gab er bereits zu, beim Ankauf von Rupert Murdochs Fox Family Channel mit 5,3 Milliarden Dollar zu viel gezahlt zu haben. Und in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch sind bei einer Aufsichtsratsitzung wohl noch einige andere Schwachstellen disputiert worden. ABC bedarf Sanierung Der Disney-Sender ABC - Eisner erwarb ihn 1996 um satte 19 Milliarden - bedarf dringend der Sanierung: Seit geraumer Zeit verzeichnet er im Vergleich der vier großen US-Sender die schwächsten Quoten. Und Disneys Produktionsdepartments sind offenkundig nicht in der Lage, ABC mit erfolgsträchtigem Material zu beliefern. Sinkende Besucherzahlen in den Disney-Freizeitparks und verminderte Einspielergebnisse im Kino-und Videobereich tun ihr Übriges zu einer Talfahrt, die den Konzern fast härter trifft als seine ebenfalls in Bedrängnis geratenen Konkurrenten. Im Unterschied zu AOL Time Warner konnte sich Disney immer zugute halten, um die New Economy eher einen großen Bogen gemacht zu haben - abgesehen von der Pleite mit Go.com, aufgrund derer man rund 800 Millionen Dollar in den Wind schreiben konnte. Ist Michael Eisner sein Geld (geschätztes Vermögen laut Forbes: etwa 720 Millionen Dollar) noch wert? Ja - sagt Eisner: ABC leide wie alle anderen Medien unter dem Einbruch der Werbeeinnahmen. Die Freizeitparks seien stark vom Rückgang der Touristenzahlen nach dem 11. September betroffen gewesen. Und im Filmgeschäft sei - trotz Disney-Hits wie zuletzt Signs oder Lilo and Stitch - die Konkurrenz einfach stärker geworden: Tatsächlich hat der Konzern nicht länger jene Monopolstellung im Familien- und Animationsbereich inne, die er jahrzehntelang für sich beanspruchen konnte. "Mikromanagement" Experten nehmen dies zwar zur Kenntnis, verweisen aber darauf, dass Eisners "Mikromanagement" langsam Gefahr laufe, unflexibel zu werden und kreative Entscheidungen immer weniger zuzulassen: Der Konzernchef, der höchsten Wert darauf legt, selbst kleinste Details wie Kostüme in Disney-Stores selbst zu bestimmen, hatte durch seinen erratischen Führungsstil schon mehrere Topmanager vertrieben. Legendär sind mittlerweile die schnellen Ein- und Austritte von Studiochef Joe Roth und dem einstigen Staragenten Michael Ovitz. Und besonders schmerzlich war für Disney der Krieg zwischen Eisner und Jeffrey Katzenberg. Letzterer hatte wesentlich zum Neuaufbau der zeitweilig stagnierenden Trickfilmproduktion beigetragen, etwa mit Hits wie Der König der Löwen oder Aladdin, wurde aber in Schimpf und Schande entlassen - was ihm nach einem spektakulären Prozess Nachzahlungen in der Höhe von rund 270 Millionen Dollar bescherte. "Arrogante Selbstsicherheit" schwindet Heute leitet Katzenberg das gemeinsam mit Steven Spielberg und David Geffen gegründete Studio DreamWorks - und gilt nach Hits wie Shrek als einer von Disneys schärfsten Konkurrenten. Branchenkenner sehen ihn sogar als möglichen Nachfolger von Eisner, falls dieser dem Druck nicht länger standhält: "Zuletzt war von seiner arroganten Selbstsicherheit nicht mehr viel zu spüren", heißt es aus Insiderkreisen: "Er sah einfach wie ein Mann aus, der um jeden Preis seinen Job behalten will." (Claus Philipp, DER STANDARD, Printausgabe 25.9.2002)