Berlin - Die Medien spielten in diesem Wahlkampf eine Rolle wie noch nie zuvor in Deutschland. Zum ersten Mal stellten sich der Kanzler und der Herausforderer einem Fernsehduell nach US-Vorbild - allerdings nach strikten Regeln deutscher Auslegungsart. Das Urteil des Leiters des renommierten Grimme-Instituts, Bernd Gäbler, fiel vernichtend aus. Bundeskanzler Gerhard Schröder und Kanzlerkandidat Edmund Stoiber hätten sich "zu Affen einer mithilfe ihrer ängstlichen Wahlkampfstäbe tot-choreografierten Fernsehinszenierung machen lassen".

Wie noch kein Regierungschef vor ihm hat sich Schröder im Wahlkampf auch mit dem größten deutschen Verlagshaus Springer angelegt, das unter anderem das auflagenstärkste Blatt, die Bild-Zeitung, herausgibt. In unverhohlener Deutlichkeit hatte das Blatt für den konservativen Herausforderer Stimmung gemacht.

Drei Tage vor der Wahl warf Amtsinhaber Schröder in bislang nie gekannter Schärfe Bild eine parteipolitisch motivierte Kampagne gegen die SPD vor. "Diesem Manipulationsversuch werden wir eine Absage erteilen. In diesem Land bestimmen mündige Bürger und nicht die Bild-Zeitung." Bei dieser Wahl würden diejenigen eine Quittung erhalten, die als "Kumpel von Stoiber in den Chefredaktionen bestimmter Blätter" säßen und meinten, sie könnten bestimmen. Damit spielte Schröder auf Bild-Chefredakteur Kai Diekmann an, der als Intimus von Helmut Kohl gilt.

In den Tagen vor dem Urnengang machten die Springer-Blätter noch einmal mobil. "Entscheidet Hitler-Affäre die Wahl?", titelte Bild am Sonntag am Wahltag in Anspielung auf den angeblichen Vergleich der Justizministerin Herta Däubler-Gmelin von US-Präsident George Bush mit Adolf Hitler. Auch die ebenfalls zum Konzern gehörende Welt brachte in der Wochenendausgabe diesen Vergleich auf ihrer Titelseite - mit Pro-Stoiber-Kommentar.

Für heftige Debatten sorgte die Financial Times Deutschland , mit der zum ersten Mal eine Zeitung eine offizielle Wahlempfehlung gab - für CDU/CSU. Dem wurde aber zwei Tage später von Redakteuren der Zeitung widersprochen, die sich für Rot-Grün aussprachen. (afs/DER STANDARD, Printausgabe, 23.9.2002)