Afrika
Armee greift von Rebellen besetzte Stadt an
Meuterer wollen verhandeln, Premier stellt sich taub
Bouake - In der westafrikanischen Republik
Elfenbeinküste haben regierungstreue Einheiten nach Berichten von
Bewohnern und nach Angaben aus Militärkreisen am Sonntag einen
Großangriff auf die von Rebellen kontrollierte zweitgrößte Stadt des
Landes, Bouake, begonnen. Südlich von Bouake habe es am Sonntag ein
schweres Gefecht zwischen Regierungstruppen und Rebellen gegeben,
hieß es. Der am Freitag vorzeitig von einer Auslandsreise nach
Elfenbeinküste zurückgekehrte Präsident, Laurent Gbagbo, hatte ein
hartes Vorgehen gegen die Rebellen angekündigt, die sich nach eigener
Darstellung gegen ihre Entlassung aus der Armee wehren.
Regierungstreue Truppen hatten die Stadt umzingelt, die 350 Kilometer
von Abidjan entfernt liegt.
Rebellen wollen verhandeln
Am Sonntag hatten sich die Rebellen, denen die Regierung
Umsturzabsichten vorwirft, noch für Verhandlungen ausgesprochen, um
weiteres Blutvergießen in dem Land zu vermeiden, das der weltweit
größte Kakao-Produzent ist. Auch Frankreichs Regierung, die einstige
Kolonialmacht, hatte zu Verhandlungen geraten.
Augenzeugen in Bouake berichteten, die Rebellen hätten dort viele
junge Männer angeworben und mit Waffen versorgt. In der ebenfalls von
ihnen kontrollierten Stadt Korhogo nahe der Grenze zu Burkina Faso
hätten sie traditionelle Jäger in ihren Reihen, die in ihren
Stammestrachten erschienen seien.
"Wir Meuterer sind bereit, unter der Schirmherrschaft Frankreichs
zu verhandeln, das die Umsetzung der Vereinbarungen sicher stellen
muss", sagte Feldwebel Alfred Camin am Sonntag der Nachrichtenagentur
Reuters per Telefon. "Wir wollen ein Blutbad in der Elfenbeinküste
vermeiden." Ministerpräsident Affi N'Guessan sagte Reuters hingegen,
ihm sei kein solches Verhandlungsangebot der Rebellen bekannt.
Mindestens 270 Menschen sind dem Staatsfernsehen zufolge seit
Ausbruch der Unruhen am Donnerstag vergangener Woche getötet worden,
rund 300 weitere seien verletzt.
Frankreich verstärkte am Sonntag seine 500 Soldaten in der
Republik Elfenbeinküste, um Landsleute und andere Ausländer zu
schützen. Das Auswärtige Amt in Berlin warnte vor Reisen in das Land
und forderte alle Deutschen in der Elfenbeinküste auf, in ihren
Häusern zu bleiben und keine Inlandsreisen zu unternehmen.
Die Elfenbeinküste war 1960 unabhängig geworden und galt bis zu
einem Putsch 1999 als stabile Kraft im ansonsten von Kriegen
geprägten West-Afrika. Der Regierung zufolge wurden die Zusammenstöße
durch einen neuerlichen Putschversuch Robert Gueis ausgelöst, der
1999 durch einen Staatsstreich an die Macht gekommen war und 2000
eine Präsidentschaftswahl gegen den jetzigen Amtsinhaber Gbagbo
verloren hatte. Guei wurde nach Ausbruch der Kämpfe in Abidjan
erschossen. Der Innenminister des Landes wurde von Rebellen getötet. (APA/Reuters)