Srinagar - Kurz vor der zweiten Runde der Parlamentswahl
in Kaschmir sind am Wochenende mindestens 19 Menschen der politisch
motivierten Gewalt in der umstrittenen Provinz zum Opfer gefallen.
Tourismusministerin Sakina Yatoo überlebte am Samstag nur knapp einen
Anschlag. Zwei ihrer Leibwächter wurden getötet, als mutmaßliche
islamische Extremisten das Feuer auf den Konvoi der Ministerin
eröffneten. Am Dienstag wird in dem Krisen-Unionsstaat die
Parlamentswahl fortgesetzt. Die Separatisten haben zu einem Boykott
aufgerufen.
Der indische Ministerpräsident Atal Bihari Vajpayee machte
Pakistan für die Gewalt verantwortlich. Islamabad tue nicht genug, um
die Grenzübertritte der Rebellen zu stoppen, erklärte er. Die Haltung
Pakistans zu Kaschmir habe sich offenbar nicht geändert. Es war
bereits der zweite Anschlag auf Yatoo in weniger als einer Woche. Sie
überlebte die Schießerei vom Samstag, weil ihr Wagen gepanzert war.
Kurz danach wurde ein Mitarbeiter ihrer regierenden Partei der
Nationalen Konferenz vor seinem Haus nahe Srinagar erschossen. Ein
Sieg der Partei wird erwartet.
In Bejbehara wurde ein Soldat getötet, als mutmaßliche
Separatisten ein Fahrzeug des Grenzschutzes überfielen. In der nahe
gelegenen Ortschaft Sophiyan explodierte eine Granate auf einem
Marktplatz und verletzte mindestens zehn Zivilisten. Ziel des
Anschlags war offenbar eine Polizeipatrouille. In Nordkaschmir wurde
nach Polizeiangaben ein mutmaßlicher Rebell getötet.
Samstag Abend überfielen mutmaßliche islamische Separatisten ein
Polizistenwohnheim, in dem Beamte mit ihren Familien leben. Wie die
Polizei am Sonntag mitteilte, schossen die als Polizisten verkleidete
Angreifer mit automatischen Gewehren um sich und warfen Granaten.
Zwei Beamte seien getötet, acht weitere verletzt worden. Der Überfall
löste ein 13-stündiges Feuergefecht aus, das erst am Sonntag endete.
Zu dem Anschlag bekannte sich die Gruppe Al-Arifeen, wie die
Nachrichtenagentur KPS berichtete. Sie gilt als Tarnung der
verbotenen Organisation Lashkar-e-Tayyaba, die für eine
Unabhängigkeit Kaschmirs kämpft.
In Neelu erschossen drei Bewaffnete nach Polizeiangaben zwei
Aktivisten der Kommunistischen Partei Indiens. Bei einem weiteren
Zwischenfall in Kulgam töteten Angreifer einen Lastwagenfahrer und
dessen Gehilfen. Die Polizei vermutete separatistische Rebellen
hinter der Tat. Bei einem Feuergefecht der Armee wurden in Badijalan
bei Kulgam vier Kämpfer der verbotenen islamistischen Gruppierung
Harkat-ul Jehad-e-Islami getötet, wie in Srinagar das
Verteidigungsministeriums mitteilte. In Palpora nordöstlich von
Srinagar erschossen mutmaßliche Rebellen laut Polizei einen Lehrer.
Zur ersten Wahlrunde am vergangenen Montag kamen trotz
Morddrohungen muslimischer Extremisten und eines tödlichen Anschlags
nach offiziellen Angaben 47 Prozent der Stimmberechtigten an die
Urnen. Weitere Wahltermine sind der Dienstag sowie der 1. und 8.
Oktober. Ergebnisse werden Mitte Oktober erwartet. Bereits vor den
Wahlen fielen in diesem Jahr rund 100 Politiker und Aktivisten der
Gewalt mutmaßlicher Extremisten zum Opfer, darunter auch der
Justizminister von Jammu und Kaschmir, Mustaq Ahmad Lone. (APA/AP)
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