Sehen Sie, Sie sehen nichts mehr: Ohne Decoderbox keine digitalen Programme. 500 Grazer Haushalte bekommen 2003 den ihren kostenlos.

Grafik: derStandard.at
Knappe sechs Wochen noch, dann sehen Berliner Haushalte Schwarz, wo gerade noch ProSieben und RTL2 flimmerten. Mit 1. November müssen beide Sender auf schwächere Frequenzen weichen, die ihren werden mit digitalen TV-Signalen bespielt. Und die sieht nur, wer sich den passenden Decoder beschafft hat. Der Schreck hält sich freilich in Grenzen: Betroffen sind jene Haushalte, die ihre Programme weder über Kabel noch Satellit beziehen. Und das sind nach Auskunft der örtlichen Medienanstalt bescheidene sieben Prozent. Weil digital aber viele Programme ohne Kabel zu haben sind, könnten Konsumenten ihre Verträge kündigen und sich eine Box kaufen. Wo früher nur zwei TV-Kanäle Platz hatten, laufen künftig digital ARD, ZDF, regionale öffentlich-rechtliche Programme, RTL, Sat.1, ProSieben und RTL2. Nur bis 28. Februar 2003 sind die privaten Programme in Berlin noch analog zu sehen, dann werden auch diese Frequenzen digital genützt. Die öffentlich-rechtlichen noch bis August 2003. Berlin ist laut Medienanstalt weltweit erster Ballungsraum, der es mit der völligen Umstellung auf das frequenzsparende Digitalfernsehen so eilig hat. Wenn dort schon Wochen keine analogen Privatprogramme mehr laufen, soll in Graz ein Testbetrieb beginnen. Bei einem Treffen der Betreiber - ORF, Siemens und die Rundfunk- und Telekomregulierungsgesellschaft RTR - diese Woche nahm man sich den 1. April als Starttermin vor. Als realistisch gilt: in der ersten Jahreshälfte 2003. Morak fordert erneut Digitalisierungsfonds 500 Haushalte sollen E-Decoder kostenlos bekommen. Die Landesregierung bekam schon einen Förderungsantrag über zwei Millionen Euro, auf Stadt und Bund hoffen die Betreiber ebenso. Sie wollen Sachleistungen und Arbeit einbringen. Medienstaatssekretär Franz Morak unterstrich Freitag seine Forderung, einen Digitalisierungsfonds aus jenen Mitteln einzurichten, die der Finanzminister ohne Zweckwidmung auf die ORF-Gebühr aufschlägt. Das machte Mittel frei, um die Berlin noch streitet: Wer Sozialhilfe empfängt und deshalb auch von der Rundfunkgebühr befreit ist, hat dort Anspruch auf einen Gratisdecoder. Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner verhandelt nun mit den Fernsehanstalten: Die Anschaffung von Boxen für rund 10.000 Haushalte mögen die Sender übernehmen, die Stadtfinanzen sind schließlich mehr als marod. "Es wird tatsächlich abgeschaltet" Beim Grazer Testbetrieb hofft man abseits der 500 Gratisdecoder auf - preisgestützte - Aktionen mit Elektroketten. Dort kommen die digitalen Programme freilich zusätzlich. Der völlige Umstieg braucht noch Jahre. Selbst in Wien, wo rund 55 Prozent der Haushalte dank Kabelanschluss nicht betroffen wären, ist der Wechsel heikler als in Berlin: Auch der Großteil der Haushalte mit Satellitenschüssel empfängt die ORF-Programme derzeit mangels d-Box terrestrisch. In Berlin warnt Hans Hege, Chef der Medienanstalt, schon: "Viele nehmen das noch nicht ernst, aber es wird tatsächlich abgeschaltet." (Alexandra Föderl-Schmid, Harald Fidler/DER STANDARD; Printausgabe, 21./22.9.2002)