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Laura Bush liest Russischen Kindern aus dem Buch 'Make way for Ducklings' vor.

Foto: REUTERS/Sergei Karpukhin

"Make Way for Ducklings" heißt das bezaubernde Kinderbuch, und wer Boston im schönen New England besucht, kommt nicht daran vorbei: Die "60th Anniversary Limited Edition", erschienen bei Viking, sticht in den Bookshops ins Auge, nicht zuletzt wegen der goldglänzenden Medaille auf dem Umschlag – mit dieser Auszeichnung wurde der Autor Robert McCloskey anno 1941 bedacht, weil er ein Kinderbuch der besonderen Art getextet und illustriert hatte.

Erzählt wird die Geschichte der Familie Mallard, zu deutsch Stockente. Mr. und Mrs. Mallard suchen nach einem Platz, um eine Familie zu gründen, aber überall lauern Gefahren: Füchse oder Schildkröten, die Eiern und Jungen gefährlich werden könnten. Sie fliegen immer weiter und landen schließlich im Stadtpark von Boston. Dort scheint alles sicher, doch die vielen Menschen veranlassen Herrn und Frau Stockente, lieber auf einer Insel im Fluss, im Charles-River, zu nisten.

Bald schlüpfen acht Entenkücken und entwickeln sich prächtig. Mr. Mallard beschließt, in den Stadtpark zurückzukehren, Mrs. Mallard verspricht, mit den Kindern bald nachzukommen. Doch das ist leichter gesagt als getan: Kleine Enten können zwar gleich, nachdem sie aus dem Ei geschlüpft sind, laufen und schwimmen – aber fliegen können sie nicht.

So macht sich Mutter Ente mit ihren Kindern auf den langen Fußmarsch vom Ufer des Charles-River ins Zentrum von Boston zum Stadtpark. Aber da begegnen ihnen Gefahren, mit denen Mama Stockente nicht gerechnet hat: Autos, Highways, Straßenverkehr. Doch mithilfe des freundlichen Polizisten Michael und vieler anderer Entenfreunde erreichen Mama Mallard und ihre Kinder schließlich den Stadtpark und den dort wartenden Papa.

"Ich habe die Enten erstmals auf meinem täglichen Weg zur Kunstschule bemerkt", erzählt Autor McCloskey. "Als ich später nach Boston zurückkehrte, wurde mir bewusst, dass es da dieses Straßenverkehrsproblem gibt." Inspiriert von den mit ihren Kücken in der Stadt umherwandernden Entenmüttern schrieb und zeichnete er die Geschichte von Mrs. Mallard und schuf damit einen zeitlosen Klassiker.

Denn die Geschichte hat nichts an Aktualität verloren: Alle Jahre wieder wandern zum Beispiel auch in Wien Stockentenmütter durch den Straßenverkehr, weil sie ihre noch flugunfähigen Jungen, die sie irgendwo fern der Parkteiche ausgebrütet haben, zum Wasser zurückführen möchten. Wassergeflügel in Stadtparks erfreut Augen und Herz der Bevölkerung; dass künstliche Gewässer in Innenstädten – etwa der Teich vor der Wiener Karlskirche oder jener im Wiener Stadtpark – massive Tierschutzprobleme aufwerfen, wird bei der Ansiedlung einer Entenschar aber nicht bedacht.

Auch zwischen Ente und Enterich gibt es in den städtischen Ballungsräumen oft große Probleme: In den letzten Jahren wurde immer wieder von Vergewaltigungen mit fatalen Folgen berichtet. Wegen der großen Entendichte in den künstlichen Lebensräumen der Parks stürzen sich oft mehrere Erpel auf ein Weibchen, das unter der Last der Möchtegernliebhaber sogar ertrinken kann.

In "Make Way for Ducklings" ist von solchen Missständen natürlich keine Rede; die Enten von Boston sind ja regelrechte Stars: In sämtlichen Souvenirgeschäften werden putzige "ducklings" als Figürchen angeboten, und auch bei der Abbildung des Revolutionshelden Paul Revere, dessen Ritt durch Nacht und Nebel der jungen amerikanischen Nation 1770 zum Sieg über die britischen Kolonialherren verhalf, sind die Enten von Boston meist dabei. (Andrea Dee/DER STANDARD, Printausgabe, 21./22.9.2002)