Foto: SaddleCreek
Der junge Mann blickt nachdenklich auf den Boden, die Haare fallen ihm unfrisiert ins Gesicht, die rechte Hand klammert sich auf Brusthöhe um einen um den Hals gelegten Burberry-Schal. Daneben lesen wir: „Conor Oberst - Spokesman for a generation“. Ob der eigenwillige Mittzwanziger, der auf einem Zeitungsinserat seines Plattenvertriebs den Holden Caulfield macht, tatsächlich als Sprecher seiner Generation gelten kann, mag anbetracht der Breitenwirkung seiner bisherigen Veröffentlichungen bezweifelt werden - das Zeug dazu hat er allemal.

Spätestens seit seinem jüngsten Album „Lifted or the story is in the soil keep your ear to the ground“, das er gemeinsam mit mehr als 20 Mitmusikern unter dem Namen Bright Eyes eingespielt hat, gilt Oberst auch außerhalb der USA als vielversprechender Geheimtipp. Zu Recht. Denn mit dem ausladend betitelten Sammelsurium aus musikalischen Geistesblitzen, Lo-Fi-Kunststücken und verhaltener Folk-Romantik ist ihm ein erstaunliches Tondokument ungehemmter Experimentierfreude gelungen.

„We need a record of our failures, we must document our love“, ist auf „Method Acting“, dem zweiten der - wie es scheint - willkürlich gereihten dreizehn Tracks zu hören. Und so vermittelt sich zwischen großer Geste, ostentativ ausgestelltem Weltschmerz und beschwingtem Folk-Muzak bald der Eindruck, dass hier etwas Großes geschieht.

Mehr als 73 Minuten lang werden die Gehörgänge in einem Wechselbad der Gefühle umspült, in dem musikalische Referenzpunkte von Bob Dylan bis hin zu Hank Williams flüchtig aufgegriffen und ebenso schnell wieder verworfen werden. Dabei spielen Oberst und seine Mitstreiter mit einer fast schmutzigen Soundästhetik, die den durchwegs wunderbaren Songs die Aura des Beiläufigen verleiht. Ein abenteuerliches Album.

Im November haben sich Oberst und vierzehn-köpfige Begleitband im Wiener Flex angekündigt. (dax)