Brüssel/Salzburg - Die Fortschrittsberichte über die Beitrittsreife der Kandidatenländer zur Europäischen Union werden bereits am 9. Oktober, eine Woche früher als geplant, vorgelegt. Die EU-Kommission reagiert damit auf Kritik aus den derzeitigen Mitgliedsländern der EU, deren Regierungen mehr Zeit für die Beurteilung der Beitrittsreife der Kandidatenländer verlangt haben.Die Grundsatzentscheidung, mit welchen Kandidatenländern die Verhandlungen fortgesetzt und bis Jahresende abgeschlossen werden, soll nämlich bereits beim EU-Gipfel am 24. und 25. Oktober in Brüssel fallen. Basis dieser Entscheidung sind die Fortschrittsberichte. Die endgültige Entscheidung über die Erweiterung soll beim EU-Gipfel in Kopenhagen am 12. und 13. Dezember fallen. Derzeit gibt es 13 Kandidaten für einen Beitritt zur Union, von denen Bulgarien und Rumänien nicht zur ersten Runde der Erweiterung zählen. Mit der Türkei wurden die Verhandlungen noch nicht aufgenommen. Die übrigen zehn (Estland, Lettland, Litauen, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Polen, Ungarn, Malta, Zypern) haben gute Chancen, im Jahr 2004 EU-Mitglieder zu werden. Der Terminplan könnte allerdings noch durch das Referendum in Irland, das laut inoffiziellen Quellen am 18. Oktober stattfindet, über die Ratifizierung des Vertrags von Nizza über den Haufen geworfen werden. Die Iren haben bereits einmal abgelehnt. Nun hofft man in Brüssel auf ein Ja, um die Erweiterung nicht zu gefährden. Immer wieder gab es seitens der Kommission Appelle an die Iren, Nizza nicht zu blockieren. Zuletzt wurde der für die Erweiterung der EU zuständige Kommissar Günter Verheugen beim Weltwirtschaftsforum in Salzburg deutlich. Ein irisches Nein zu Nizza würde die EU vor große Problem stellen. Er appellierte an die irische Bevölkerung bei der Abstimmung nicht nur die eigenen Interessen, sondern auch das Schicksal der "jungen Demokratien" im Osten im Auge zu haben. In den Kandidatenländern wächst unterdessen die eurskeptische Stimmung. In Ungarn droht der rechte Oppositionschef Viktor Orban wegen finanzieller Forderungen mit einer Blockade des Beitritts. In Tschechien und Slowenien gibt es heftige Kritik, weil man befürchtet von Beginn an Nettozahler zu werden. Nach den bisherigen Berechnungen der EU-Kommission droht auch anderen Ländern dieses Schicksal. Verheugen versicherte daher im STANDARD-Interview, dass man alles unternehmen werde, um dies zu verhindern. Man habe den Ländern Pauschalzahlungen angeboten. Es gehe nicht an, dass die ärmsten Länder der Union die reichsten finanzieren. (Katharina Krawagna-Pfeifer/DER STANDARD, Printausgabe, 18.9.2002)