Caspar Pfaundler

Foto: Filmladen
Foto: Filmladen
Wien - Allein, weit weg in einer fremden Stadt: Woran orientiert sich dann die fotografische Aufzeichnung, wenn das Wissen fehlt, um das Sichtbare zu strukturieren? Man bleibt beim Bekannten, Vorformatierten - so entstehen Postkarten - oder sucht mit Vorsatz das Besondere und (re-)produziert dabei nicht selten nur Klischees.

Eine österreichische Produktion, mit geringer Förderung entstanden, beschreibt nun mit einfachen Mitteln eine solche Konfrontation mit dem Anderen. Sie entgeht dabei den üblichen Fallen, weil sie die Erfahrung des Fremdseins ins Zentrum stellt.

Lost and Found ist ein fiktiver Tagebuchfilm. Verfasser der filmischen Notate ist ein Österreicher - dargestellt vom Autor und Regisseur des Films, Caspar Pfaundler -, den ein geschäftlicher Auftrag nach Taipeh verschlagen hat. Er soll dort CD-Raubkopien sicherstellen, aber sein chinesischer Kontaktmann taucht vorerst nicht auf, und somit ist er sich selbst überlassen.

Er beginnt, mit seiner Videokamera in der fremden Stadt, deren Sprache er nicht versteht, umherzuwandern und zwischendurch seine Berichte über den Fortgang beziehungsweise den Stillstand seiner Ermittlungen an die Auftraggeber zu Hause in die Kamera zu sprechen.

Fundstücke

Über weite Strecken nimmt Lost and Found also die beobachtende, subjektiv und ungeordnet Eindrücke aufnehmende Perspektive des Fremden ein. Der Film besteht aus audiovisuellen Fundstücken, er lenkt den Blick auf alltägliche Details oder lässt manchmal mitten in der fremden Metropole Vertrautes oder zumindest Entzifferbares entdecken.

Der eigentliche Auftrag und die fragmentarische Krimihandlung, die sich daraus ergibt - mit geheimnisvollen Botschaften, verschwundenen Kontaktpersonen, konspirativen Treffen -, bleiben weitgehend aus dem Bild gerückt. Sie geben der Erzählung ab und an einen neuen Anstoß, aber der Film und sein Protagonist haben sich schnell selbstständig gemacht.

Eine Chinesin (Wu Su-jen), die er eines Abends beim Essen kennen lernt, wird seine Begleiterin, seine Mittelsfrau und schließlich seine Freundin - sie beginnt den Blick zu lenken, den Dingen, die er sieht, einen Zusammenhang und einen Sinn zu geben.

Lost and Found ist ein eigenwilliger Film, anfängliche Irritationen lösen sich jedoch irgendwann auf - allmählich gewöhnt man sich an den langsamen Rhythmus oder an den stoisch bis störrisch agierenden Hauptdarsteller. Und am Ende fühlt man sich selber wie von einer langen Fahrt zurückgekehrt. (DER STANDARD, Printausgabe, 19.9.2002)