Finanzen & Börse
EZB rüttelt nicht an den Zinsen
Zentralbankchef Duisenberg: "Irak-Krieg bedroht Aufschwung"
Frankfurt - Ein Krieg gegen den Irak wird
nach Meinung der Europäischen Zentralbank (EZB) die weltweite
Wirtschaftserholung weiter verzögern. Insbesondere ein sprunghafter Anstieg der Ölpreise könne über eine
höhere Inflation den Konjunkturaufschwung bedrohen, sagte
Notenbankpräsident Wim Duisenberg am Donnerstag nach der Sitzung des
EZB-Rates in Frankfurt. Über die konkreten Auswirkungen eines möglichen "militärischen
Abenteuers" wollte Duisenberg nicht spekulieren. Dies hänge
entscheidend vom Ausmaß des Konflikts ab. "So etwas ist absolut nicht
vorhersehbar.""Neutraler" geldpolitischer Kurs wird fortgesetzt
Angesichts der schwachen Wirtschaftsentwicklung und der Risiken
für die Preisstabilität will die EZB zunächst ihren "neutralen"
geldpolitischen Kurs fortsetzen. Deshalb wurde am Donnerstag auch
schon der seit November 2001 geltende Leitzins von 3,25 Prozent nicht
verändert.
Mittlerweile gehen die Währungshüter davon aus, dass sich der
erwartete Konjunkturaufschwung in Euroland weiter verzögert. Nun wird
mit einem Wachstum von bis zu 2,5 Prozent in der ersten Jahreshälfte
2003 gerechnet. Für den Rest dieses Jahres sei nur mit einem
bescheidenen Zuwachs zu rechnen.
Flutkatastrophen dämpfen Konjunktur kurzfristig
Die Flutkatastrophen in Deutschland, Österreich und Frankreich
könnten nach Auffassung der Zentralbank der Konjunktur einen
kurzfristigen Dämpfer versetzen. Duisenberg erwartet wegen der
Hochwasserkatastrophe kurzfristig ein schwächeres Wirtschaftswachstum
im Euroland. Allerdings sei nur ein leichter Rückgang zu erwarten,
der zudem nicht dauerhaft sei, sagte er am Donnerstag. Direkt danach
werde das leichte Minus wieder durch die Wiederaufbaumaßnahmen
ausgeglichen.Duisenberg mahnte die Mitgliedsländer der Währungsunion
eindringlich, den Stabilitätspakt einzuhalten. Dies sei wichtig um
das Vertrauen in den Euro weiter zu stärken.
Duisenberg bekräftigte, die EZB tendiere derzeit weder zu
Zinserhöhungen noch zu Zinssenkungen. "Wir sind vollkommen neutral",
sagte er am Donnerstag im Anschluss an die Ratssitzung der EZB. Die
Notenbank ließ ihren Schlüsselzins - wie erwartet- unverändert bei
3,25 Prozent. Die schwache Nachfrage und den Anstieg des Euro-Kurses
nannte Duisenberg als dämpfende Faktoren für die Preisentwicklung.
Dagegen seien höhere Ölpreise und Lohnsteigerungen ein Risikofaktor,
den die EZB genau im Blick haben werde. Das wahrscheinlichste
Szenario bleibe eine wirtschaftliche Erholung, auch wenn sie moderat
ausfalle.
Inflationsrisiken ausgeglichen
Zu Inflationsausblick und Preisen sagte Duisenberg, "die Risiken
der Preisstabilität scheinen eher ausgeglichen zu sein. Vor diesem
Hintergrund macht die Geldpolitik einen angemessenen
Eindruck"...."Dennoch ist in diesem Augenblick angesichts der
verhaltenen Nachfrage das Risiko geringer, dass überflüssige
Liquidität zu einem Inflationsdruck führen wird. Der Trend des
Lohnwachstums im privaten Sektor scheint auch in diese Richtung zu
weisen." Und er sagte, "ich bin genauso besorgt über die
Inflationsaussichten wie ich über das Wachstum bin.
"Erholung wahrscheinlichstes Szenario
Die Euro-Notenbanker halten weiter an dem Wirtschaftsaufschwung
in den kommenden Monaten fest. "Das wahrscheinlichste Szenario bleibt
eine Erholung, auch wenn sie moderat ausfällt", sagte Duisenberg. Der
Anstieg des Ölpreises könne die Inflation in die Höhe treiben,
gleichzeitig aber auch das Wachstum bremsen. "Die EZB kann, wenn
überhaupt, nur sehr wenig tun, um dies zu ändern", räumte Duisenberg
ein.
Analysten rechnen in diesem Jahr mehrheitlich nicht mehr mit
einer EZB-Zinsänderung. Einige interpretierten Duisenbergs Worte
jedoch als Signal, dass zum Jahresende bei schwacher Konjunktur auch
eine Zinssenkung möglich ist. Das Institut für Weltwirtschaft in Kiel
(IFW) halbierte angesichts der Wirtschaftsflaute seine
Wachstumsprognose für die Euro-Zone. Die Finanzmärkte reagierten kaum
auf die EZB-Entscheidung und die Worte Duisenbergs. (APA/dpa/Reuters/sda)