Inland
Grüne feiern im Wiener Rathaus das "Ende der Wende"
Van der Bellen will "blau-schwarze Macht" brechen
Wien - Die Grünen begingen am Dienstagabend in Wien ihren
inoffiziellen Wahlkampfauftakt. Eigentlich sollten "Fast elf Jahre
Grüne im Wiener Rathaus" gefeiert werden, die Veranstaltung wurde
aber kurzerhand zum "Ende der Wende-Fest" umfunktioniert.
Bundessprecher Alexander Van der Bellen rief dabei im Arkadenhof des
Rathauses zum Brechen der "blau-schwarzen Macht" auf: "Wenn Rot und
Grün eine Mehrheit bekommt, ändert sich was in diesem Land, egal ob
wir in die Regierung kommen oder nicht." Angesichts der bevorstehenden Neuwahlen herrschte unter den
mehreren Hundert Besuchern gelöste Stimmung. In Worte fasste das der
Wiener Landessprecher Albert Steinhauser, der am Podium meinte: "Es
gibt nichts Schöneres, als den Bruch der Koalition mit einem Fest zu
begehen."
Van der Bellen und auch der Wiener Rathaus-Klubchef Christoph
Chorherr warnten allerdings vor allzu großer Euphorie. Vor dem
Wahlsonntag sei noch nichts entschieden, betonte der Bundessprecher.
Auch Chorherr verwies darauf, dass die Grünen als "Umfragenkaiser"
schon mache Ernüchterung erlitten hätten. Van der Bellens
Stellvertreterin Eva Glawischnig rief die Grünen zu vollem
Wahlkampfeinsatz auf.
Van der Bellen verwies darauf, dass Bundeskanzler Wolfgang
Schüssel (V) deutlich gemacht habe, sich eine Weiterarbeit mit der
FPÖ vorstellen zu können. Sollte es keine rot-grüne Mehrheit geben,
sei daher eine Fortsetzung des "blau-schwarzen Spuks" möglich, warnte
er.
Zur Lage in der FPÖ sagte Van der Bellen, diese befinde sich in
freien Fall, "und das ist gut so". Es sei nun "der rechte Rand
innerhalb der rechten FPÖ" am Ruder, dieser werde bei der
Nationalratswahl keine 20 Prozent einfahren. Ähnlich Chorherr: "Das
ist die Chance, die FPÖ erstmals dorthin zu führen, wo sie hingehört,
nämlich in eine Wahlniederlage."
Chorherr erteilte auch einer "Retro-Regierung Rot-Schwarz" eine
Absage. Es gelte, jene Wähler zu gewinnen, die zwischen den Grünen
und der SPÖ schwanken würden. Denn, so Chorherr: "Diesmal ist jede
Stimme für die SPÖ eine Stimme für Rot-Schwarz."
Im Publikum befanden sich nicht nur Unterstützer und Mandatare der
Grünen, auch Vertreter anderer Parteien wurden gesichtet. Zu den
Gästen zählten etwa die nicht amtsführende ÖVP-Stadträtin Herlinde
Rothauer und VP-Gemeinderat Johannes Hahn. Hilmar Kabas und
Heinz-Christian Strache von der FPÖ waren dagegen nicht als Gäste
gekommen. Das Festgelände mussten sie trotzdem überqueren, um zum
einzigen noch geöffneten Ausgang des Rathauses zu gelangen.
Persönlich eingeladen und auch anwesend war dagegen
Landtagspräsident Johann Hatzl (S). Den Aufruf Chorherrs, Grün statt
Rot zu wählen, wollte er auf Anfrage zwar zwar nicht gelten
lassen. Eine rot-grüne Koalition sei für ihn aber kein
"Schreckgespenst", betonte er. Gemeinsames Ziel sei es, eine
parlamentarische Mehrheit von ÖVP und FPÖ zu verhindern. Über
Koalitionsoptionen müsse dann rational entschieden werden: "Das hat
nichts mit dem Herz zu tun, da muss die Vernunft walten." (APA)