Telekom
Telekom-Konkurrenten erwarten Ortsnetz-Wettbewerb erst ab 2003
Marktanteil der Deutschen Telekom im Ortsnetz noch 95 Prozent
Die geplante Verbesserung im Wettbewerb bei
Ortsnetz-Telefongesprächen wird nach Einschätzung der Wettbewerber
der Deutschen Telekom
von den Verbrauchern erst im nächsten Jahr
genutzt werden können.
Freie Wahl
Der Geschäftsführer des Wettbewerber-Branchenverbandes VATM,
Jürgen Grützner, sagte am Montagabend in Bonn, er gehe davon aus,
dass für die Kunden in diesem Jahr die freie Wahl des
Ortsnetzanbieters vor jedem Gespräch nicht mehr realisiert werden
könne. Bisher gebe es lediglich die formale Absicht zur Einführung
der freien Betreiberwahl im Ortsnetz, während die konkrete Ausfüllung
noch ungeklärt sei.
Liberalisierung
Der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat wird Angaben
aus Teilnehmerkreisen zufolge voraussichtlich am Dienstag den Weg für
die seit langem von der Europäischen Union verlangte Liberalisierung
von Ortsnetzgesprächen freimachen. Durch die so genannte kleine
Novelle des Telekommunikationsgesetzes könnten Verbraucher, wie bei
Fern- und Auslandsgesprächen schon seit Jahren üblich, ab Dezember
Ortsgespräche dauerhaft über einen Anbieter ihrer Wahl führen
(Preselection) oder vor jedem Gespräch einen Anbieter neu wählen
(Call-by-Call), ohne ihren Anschluss bei einer Gesellschaft kündigen
zu müssen. Davon verspricht sich die EU eine Belebung des Wettbewerbs
im Ortsnetz und ein Sinken der Gesprächsgebühren.
Beherrschend
Derzeit hat die Deutsche Telekom im Ortsnetz noch einen
Marktanteil von 95 Prozent, den Rest teilen sich Anbieter wie Colt,
Netcologne oder Arcor.
Der politischen Einigung im Vermittlungsausschuss war ein
monatelanger Streit zwischen der Bundesregierung und dem
SPD-geführten Bundesland Nordrhein-Westfalen vorausgegangen.
Nordrhein-Westfalen hatte verlangt, die bereits getätigten
Investitionen der Anbieter von Ortnetzdienstleistungen zu schützen.
Hintergrund ist, dass durch die freie Betreiberwahl neue Anbieter die
Leitungen der Ortsnetzbetreiber mitbenutzen dürfen.
Einwände
Der Forderung von Nordrhein-Westfalen schloss sich der
Vermittlungsausschuss dem Vernehmen nach an. Danach soll im
Telekommunikationsgesetzes festgeschrieben werden, dass die
Investitionskosten von Netzbetreibern stärker berücksichtigt werden
sollen. Die Kosten des Teilnehmeranschlusses bei der Berechnung der
Call-by-Call-Entgelte müssten angemessen berücksichtigt werden, hieß
es. Details solle die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und
Post regeln. Der Bundesregierung droht eine Klage der Europäischen
Union (EU), da sie mit der Einführung der freien Betreiberwahl im
Ortsnetz in Verzug ist.
Skepsis
VATM-Geschäftsführer Grützner begründete seine Skepsis
hinsichtlich eines möglichen Marktstarts im Dezember mit zahlreichen
Unwägbarkeiten. So müssten zuvor noch die technischen Details zur
Einführung der freien Betreiberwahl von der Regulierungsbehörde
entworfen und der Telekom sowie ihren Wettbewerber bekannt gemacht
werden. Im Anschluss daran habe die Telekom Gelegenheit, den
Wettbewerbern einen Vorschlag über Preise und Konditionen zu
unterbreiten. Sofern darüber zwischen der Telekom und den neuen
Anbietern von Ortsnetzgesprächen keine Einigung erzielt werden
sollte, müsse dann nochmals die Regulierungsbehörde tätig werden. (APA/Reuters)