Irak
Frankreich schließt Militäraktion nicht aus
Aber: Nur UNO zu Entscheidung berechtigt
Hannover - Zwischen Deutschland und
Frankreich bestehen Differenzen zu einem möglichen Militärschlag
gegen den Irak. Zwar betonten sowohl der deutsche Bundeskanzler
Gerhard Schröder als auch der französische Präsident Jacques Chirac
nach einem Treffen am Samstag in Hannover, dass allein der
UNO-Sicherheitsrat zu einer Entscheidung berechtigt sei. Während aber
Schröder erneut erklärte, Deutschland werde sich nicht an einem
Militärschlag beteiligen, ließ Chirac Frankreichs Position offen. Schröder berichtete nach dem Gespräch, er habe Chirac mitgeteilt,
"dass und warum Deutschland sich an militärischen Aktionen im Irak
nicht beteiligen wird". Chirac bekräftigte hingegen, Frankreich werde
zunächst die Beratungen im UNO-Sicherheitsrat abwarten und dann eine
Entscheidung treffen. "Nur der Sicherheitsrat ist ermächtigt, eine
Entscheidung zu treffen." Chirac fügte hinzu: "Natürlich verstehe ich
die deutsche Haltung in dieser Frage." Es gebe "eine mehr oder
weniger kohärente europäische Haltung".
Angesichts der offenkundigen Differenzen bemühte sich Schröder,
die Gemeinsamkeiten herauszustreichen. Zwischen Berlin und Paris
besteht in mehreren Punkten vollständige Einigkeit. Beide Regierungen
seien gegen eine isolierte und einseitige Aktion und seien der
Auffassung, dass die UNO-Waffeninspektoren ohne Vorbedingungen in den
Irak zurückkehren müssten. "Drittens sind wir der Auffassung, dass
natürlich die Vereinten Nationen dabei eine bedeutende Rolle spielen
müssen", meinte Schröder.
Es gehe auch nicht darum, die Ziele der Politik gegenüber dem Irak
zu ändern. "Das Ziel ist immer gewesen, die Inspekteure ins Land zu
bringen, nicht aber mit militärischen Mitteln diesem Ziel
entgegenzuarbeiten." Andere Mittel seien natürlich denkbar. Gemeinsam
sei man auch der Meinung, dass es unbedingt notwendig sei, die Kräfte
in der Region einzubinden. "Es dürfen auf keinen Fall Schritte
unternommen werden, die geeignet sind, die internationale Koalition
gegen den Terrorismus auseinander zu bringen."
Fortschritte gab es nach Angaben Schröders hingegen in der
Diskussion über die Reform der EU-Agrarpolitik: "Frankreich hat
verstanden, dass wir die finanzielle Belastung Deutschlands
reduzieren müssen, so wie wir verstanden haben, dass Frankreich eine
Veränderung in der Agrarpolitik vor 2006 nicht wünscht", sagte der
Kanzler. Chirac betonte, dass beide Staaten entschlossen seien, "Hand
in Hand" mit einer gemeinsamen Position nach Brüssel und zum
EU-Gipfel zu Jahresende Kopenhagen zu gehen.
Berlin und Paris haben bisher gegensätzliche Positionen zur
Agrarreform nach der kommenden EU-Erweiterung. Während Deutschland
die Vorschläge von Agrarkommissar Franz Fischler unterstützt und eine
Einigung über die Neuordnung des Systems noch vor der Aufnahme neuer
Mitglieder verlangt, ist Frankreich als höchster Nettoempfänger von
Agrarsubventionen zu keinen Änderungen vor 2006 bereit. Experten
warnen allerdings, dass das heutige System bei einer Übertragung auf
bis zu zehn neue, wesentlich ärmere Staaten den Finanzrahmen der
Union sprengen würde.
An dem gut zweistündigen Gespräch in Schröders Privathaus in
Hannover nahmen auch der deutsche Außenminister Joschka Fischer und
sein französischer Kollege Dominique de Villepin teil. Die beiden
Außenminister wollen Schröder zufolge bald nach der Bundestagswahl
eine gemeinsame Erklärung zum vierzigsten Jahrestag des
Elysee-Vertrags von 1963 ausarbeiten. (APA/Reuters/AFP/AP)