Graz - In einem Kino- und Fernsehspot wirbt die Kulturhauptstadt Graz 2003 mit den vielen Gesichtern einer echten Weltmetropole: In schnell geschnittene Bilder mit urbanem Flair werden die Namen von Städten mit U-Bahnen wie London, Berlin oder Tokio als Frage eingeblendet. Am Ende des Spots dann die Auflösung des Städterätsels: "Graz, wer hätte das gedacht." Das wird sich wohl auch so mancher der ab Jänner in Massen erwarteten Gäste der Kulturhauptstadt fragen, wenn das letzte öffentliche Verkehrsmittel eine halbe Stunde vor Mitternacht den Jakominiplatz und damit das Stadtzentrum verlässt.Denn das Angebot der Grazer Straßenbahnen und Busse wird wenige Monate, bevor das ganze Stadtgebiet zum "Dauerevent" erklärt wird, nicht etwa ausgebaut, sondern auf den Bedarf einer verschlafenen Kleinstadt hinuntergefahren. Ab heute, Samstag, entfallen die längeren Betriebszeiten der Grazer Verkehrsbetriebe (GVB) vor Sonn-und Feiertagen im gesamten Stadtgebiet ersatzlos. 120.000 Euro gespart Eine Reduzierung, die von der Grazer SP, VP und FP beschlossen wurde, um 120.000 Euro im Jahr einzusparen. "Ein lächerlicher Betrag gemessen an dem, was die Grazer dadurch an Lebensqualität einbüßen", findet die Spitzenkandidatin der Grazer Grünen, Sigrid Binder, die am Freitag mit ihren Kollegen ein Stahlrohrbett samt Schläfer am Grazer Hauptplatz aufstellte, um zu signalisieren: "Graz wird zur Schlafstadt." Nun fürchtet die Politikerin auch ein Hinauszögern der von den Grünen gestarteten Nachtbus-Initiative "Nachtbussi", durch die Jugendliche um maximal 2,50 Euro bis 4.30 Uhr nach Hause gebracht werden sollen. Denn der für Herbst geplante Probebetrieb könnte auf das nächste Frühjahr verschoben werden. Wahlkampfopfer Binder vermutet dahinter ein Wahlkampfopfer, denn im kommenden Jänner wird in Graz gewählt: "Man will den Erfolg der grünen Nachtbusse verhindern." Und der wäre den Grünen ziemlich sicher, denn das System der Nachtbusse funktioniert etwa in Wien und Innsbruck seit Jahren gut und wird von Fahrgästen jeden Alters genutzt. In Innsbruck wird sogar an einen Ausbau des preisgekrönten Projekts gedacht. Als ersten Schritt fordert Binder aber eine seriöse Bedarfserhebung der GVB, denn: "Am Sonntag zwischen fünf und sieben Uhr in der früh fahren die Straßenbahnen fast leer durch die Gegend, aber Samstagnacht wissen junge Leute nicht, wie sie günstig und sicher heimkommen sollen. Das macht keinen Sinn." (Colette M. Schmidt/DER STANDARD, Printausgabe, 7.9.2002)