Die klassische Führungskarriere, in der, der berufliche Erfolg an der Anzahl der unterstellten Mitarbeiter und dem Avancement zum Abteilungsleiter gemessen wurde, ist vorbei.

Das haben die beiden Unternehmens- und Personalberater Gundi Wentner und Christian Havranek in ihrer soeben erschienenen Studie "Bankengehälter 2002" festgestellt.

"Heute richtet sich der Fokus in der Suche immer mehr auf Fachexperten, also auf Mitarbeiter, die seit längerer Zeit in einer Funktion tätig sind und sich Spezialkenntnisse aneignen konnten", erläutert Gundi Wentner.

Und sie verdienen auch mehr denn je: Heute seien Fachspezialisten gehaltlich mit Führungskräften gleichzusetzen, so das brisanteste Ergebnis. So werden vor allem im Vertriebsbereich Spezialisten gesucht, die ihre Stärken in der Akquisition haben. Aufgrund der derzeitigen wirtschaftlichen Lage könne man weiters beobachten, so Christian Havranek, dass Unternehmen großes Augenmerk auf Produktivitätsentwicklung legen und in diesem Zusammenhang vermehrt Positionen in den Bereichen Revision und Controlling besetzen, um Prozesse im Unternehmen zu analysieren und Einsparungen vorzunehmen.

Vor allem wird unternehmerisches Denken und Handeln von Mitarbeitern zunehmend wichtiger - sie spielen in Besetzungsentscheidungen eine immer bedeutendere Rolle.

Internationalität

Auch in der Suche nach Mitarbeitern innerhalb der EU zeigen Banken größeres Interesse: Es sei, so Gundi Wentner, zwar Deutsch als erste Sprache gefragt, Fremdsprachen und internationales Denken und Agieren aber gewünscht. Grundsätzlich raten die beiden Berater, bei Bewerbungsgesprächen die eigenen Stärken mehr hervorzustreichen und zu selbstbewussterem Auftreten - das sei immer noch ein Manko, so Gundi Wentner.

Bei Mitarbeitern der Senior-Stufe mit Experten- und Coachingrolle hätte es eine besonders starke Gehaltsentwicklung nach oben gegeben. "Das ist darauf zurückzuführen, dass verstärkt Fachexperten gesucht werden und durch Jobwechsel auf dieser Stufe höhere Gehälter gezahlt werden", erklärt Gundi Wentner.

Personaleinsparungen würden vor allem in betriebserhaltenden Funktionen, in der Verwaltung oder im Backoffice stattfinden. Dies seien die Trends in den großen Banken, in den Regionalbanken sei derzeit noch kein auffälliger Personalabbau zu beobachten. Weiters bestehe die Tendenz von Provisionssystemen und reinen Erfolgsbeteiligungen hin zu einer Verbindung aus Unternehmenserfolg und Beurteilung der individuellen Leistung im Führungsprozess. Die Zahl der Banken, die variable Gehaltsbestandteile in systematisierter Form haben, nimmt daher ständig zu. Dies gilt nicht mehr ausschließlich für die Führungsmannschaft und den Vetrieb, sondern betrifft alle Mitarbeiter. Während die Zielhöhen der variablen Gehälter in den vergangenen beiden Jahren stabil geblieben sind (etwa ein bis zwei Monatsgehälter), sind die tatsächlich ausbezahlten Boni im Jahr 2001 - aufgrund der schlechten Marktlage durchwegs gesunken. Hier zeigt sich der Trend zur Verschiebung eines Teils des Unternehmerrisikos zu den Mitarbeitern. (Judith Grohmann/DER STANDARD, Printausgabe, 07./08. 09. 2002)