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Gregorio Fuentes pafft seelig eine Zigarre an seinem 104. Geburtstag

Foto: APA/EPA
Innsbruck/Wien - Dass Rauchen Lungenkrebs verursachen kann, wissen wir. Dass Raucher mehr Atemwegsprobleme haben, auch. Dass sie zu Artherosklerose, also zur Verkalkung der Blutgefäße, neigen, steht ebenfalls fest. Nun aber haben Tiroler Forscher erstmals eine Erklärung dafür, warum manche starke Zigarettenraucher kaum Schaden nehmen, warum manche Nikotinsüchtige gesund alt werden können. "Unsere Kernfrage war: Warum kriegen manche Raucher Gefäßverkalkung, andere nicht?", erzählt Stefan Kiechl, Neurologe an der Innsbrucker Uniklinik. Die Antwort fanden die Wissenschafter in einer einmaligen Langzeituntersuchung, der Bruneck-Studie, benannt nach einem Ort in Südtirol. Über 800 Männer und Frauen von 40 bis 79 Jahren wurden zehn Jahre unter anderem mit Ultraschall auf recht unterschiedliche Veränderungen ihrer Arterien untersucht. "Unsere Hypothese war: Hinter diesen Unterschieden stecken Infektionen", berichtet Kiechl. Als gesichert galt, dass Rauchen das Risiko für chronische Entzündungen wie Zahnfleischprobleme erhöht. Bekannt war auch, dass chronische Infektionen ihrerseits einen Risikofaktor für Artherosklerose darstellen. Aber ob die Wirkungskette vom Rauchen über die Infektionen zur Gefäßverkalkung führt, wusste man nicht. Daher unterteilte Kiechls Team die Raucher der Bruneck-Studie in solche mit und solche ohne chronische Infektionen. Und fand frappante Unterschiede (Stroke 33, S. 2170): Raucher mit Infektionen entwickelten Artherosklerose, jene ohne aber "unterscheiden sich beim Risiko für Gefäßverkalkungen nicht wesentlich von Nichtrauchern", hat Kiechl entdeckt, "das bestätigt unsere Hypothese". In Zahlen: Vereinfacht man die Finessen der Statistik, dann haben Raucher das 1,4fache Gefäßrisiko von Nichtrauchern, bei Rauchern mit chronischen Infektionen schnalzt das Risiko aber auf das 3,3fache hinauf. Kiechl nennt die Infektionen daher einen "wichtigen Schritt in der schädlichen Wirkung des Rauchens". Aufhören hilft nicht Alarmierendes Detail: Mit dem Rauchen aufhören hilft praktisch nichts - das Risiko von Exrauchern mit Infektionen bleibt hoch. (Die Lunge dankt Aufhören trotzdem.) Das liegt wohl an einem weiteren Ergebnis: Rauchen geht bei diesen Patienten mit beiden Artherosklerose-Stufen einher, der ersten, in der sich die Gefäßwand verändert und sich Beläge bilden. Und mit der zweiten, wenn diese Plaques aufbrechen, die Arterien verlegen und zu Herz-bzw. Hirninfarkt führen. (Roland Schönbauer/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 7./8. 9. 2002)