Wien - Wolfgang Schüssel hat am Freitag Susanne Riess-Passer noch einmal den Rücken gestärkt. Er werde nicht zulassen, dass die Regierung zerstört werde, weder von innen noch von außen, sagte er bei einer Veranstaltung des ÖVP-Bauernbundes während der Welser Messe. Das klang wie eine Warnung an Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider. "Die Regierungsriege der FPÖ, geführt von Susanne Riess-Passer, hat ausgezeichnete, sachpolitisch mit uns abgestimmte Arbeit geleistet, Respekt vor dieser Leistung." Das wiederum ließ sich auch als Grabrede auslegen. Die Vorbereitungen für eine Regierungsumbildung liefen auf Hochtouren. Riess-Passer fand sich Freitagvormittag zu einem einstündigen Informationsgespräch bei Bundespräsident Thomas Klestil ein - angeblich ein bereits vor längerer Zeit vereinbarter Termin. Über den Inhalt wurde Stillschweigen vereinbart. Aus FPÖ-Kreisen hieß es, dass Jörg Haider seine Absicht, die Regierung umzubilden, bereits bei Kanzler Schüssel deponiert habe. Hat also Schüssel mit Haider längst das neue Kabinett besprochen? "Es gibt sicher keine Zusagen des Bundeskanzlers gegenüber dem Kärntner Landeshauptmann bezüglich irgendwelcher inhaltlicher oder personeller Änderungen in der Regierung", sagte Schüssels Pressesprecherin Heidi Glück zum STANDARD. Schüssel berede auch nichts mit Haider, was nicht vorher mit Riess-Passer besprochen worden sei. Entscheidend ist das samstägige Treffen jener rund 400 freiheitlichen Parteitags-Delegierten, die mit ihrer Unterschrift einen Sonderparteitag verlangt hatten und somit Riess-Passer stürzen würden. Haider hat die Delegierten nach Knittelfeld - was übrigens soviel heißt wie Knüppelfeld - geladen. Sozusagen sein eigener Parteitag. Die Szenarien: Die Scharfmacher in der Anti-Regierungsfraktion - allen voran Volksanwalt Ewald Stadler - setzen sich durch, Haider lässt es geschehen. Riess-Passer sowie Finanzminister Grasser verlassen daraufhin die Regierung, und auch Klubchef Peter Westenthaler gibt als Riess-Passer-Vertrauter auf. Die ÖVP führt die Regierung mit den neuen Mitgliedern ungerührt weiter. Haider wird - zumindest interimistischer - Parteichef. Oder die Volkspartei akzeptiert keinen neuen Vizekanzler, womit Neuwahlen anstehen, was der FPÖ angesichts ihrer derzeit schlechten Umfragewerte nicht unbedingt ins Konzept passen würde. Jörg Haider tritt als "Friedensstifter" auf, der Antrag wird zurückgezogen, einzig Haiders "Lieblingsfeind" Grasser geht - freiwillig. (Michael Völker, Martina Salomon/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 7./8.2002)