Paris - Frankreichs Kulturminister Jean-Jacques Aillagon hat
für den umstrittenen Roman "Rose Bonbon" (Gallimard) von Nicolas
Jones Gorlin, der Ende August zwei Tage nach seinem Erscheinen wieder
vom Markt genommen worden war, Partei ergriffen. "Der Roman stellt
keine Apologie der Pädophilie dar", erklärte Aillagon am
Donnerstagabend in der Literatursendung "Campus" im TV-Sender France
2.
"Ich bin der Ansicht, dass der Aufbau des Romans, insbesondere das
letzte Kapitel, darauf hinweisen, dass sehr wohl eine romanhafte
Distanz gegenüber dieser moralisch und sozial verwerflichen Praxis
vorhanden ist", betonte der Kulturminister. Familienminister
Christian Jacob hatte am Vortag genau das Gegenteil gesagt und das
Buch, das die Geschichte eines Pädophilen erzählt, heftig kritisiert.
"In einer Regierung gibt es manchmal Nuancen in der Sensibilität und
in der Bewertung. Es steht jedem zu, seine Rolle zu spielen",
kommentierte Aillagon Jacobs Position.
"Wir legen alle großen Wert auf die Meinungsfreiheit, insbesondere
im literarischen oder künstlerischen Bereich. Ein Bild von Balthus
kann schockieren, aber dennoch ein großes Meisterwerk sein. Man muss
mit dieser Einsicht vorgehen", fügte Aillagon hinzu, der gemeinsam
mit Ex-Bildungsminister Jack Lang und dem Schriftsteller Philippe
Sollers zu den Studiogästen der Literatursendung zählte.
In "Rose Bonbon" beschreibt der Ich-Erzähler, wie er in einem Kino
ein Kind belästigt und dessen Mutter schlägt. Nach seiner Fetsnahme
wird ihm eine chemische Therapie vorgeschlagen. In Frankreich wollen
zwei Kinderschutz-Vereinigungen Anzeige gegen den Autor und den
Verlag erstatten. (APA)