New York - Viele Amerikaner fürchten, dass durch die Erinnerung an die Terroranschläge vom 11. September schon überwunden geglaubte Ängste und Depressionen wieder geweckt werden. Den besten Weg um das zu vermeiden müsse jeder einzelne selber suchen, wichtig sei es aber genaue Pläne für diesen Tag zu machen und diese dann auch einzuhalten, meinen Experten. "Das Ziel ist es, die Kontrolle zu bewahren, gerade weil damals alles außer Kontrolle geriet", rät Terence Keane, Professor für Psychiatrie und Psychologie an der Universität Boston und Direktor des Zentrums für post-traumatische Stress-Störungen. Statt alles auf sich zukommen zu lassen und dann alleine von neuen Schockgefühlen überwältigt zu werden, müsse man jetzt schon die Initiative ergreifen, um diesen Tag zu gestalten. Keane rät dazu, etwa Freunde einzuladen, mit der Familie gemeinsam zu einer Gedenkveranstaltung zu gehen oder andere Strategien zu entwickeln, um sowohl der Katastrophe zu gedenken als auch in die Zukunft zu blicken. Besonders gelte dies für Angehörige von Terroropfern oder für Menschen, die vor einem Jahr knapp dem Tod entronnen waren sowie für jene, welche die Ereignisse direkt mitansehen mussten. Gegenseitige Hilfe Robert Fazio, ein Psychologie-Student dessen Vater Ronald Fazio vor einem Jahr im World Trade Center ums Leben kam, hat gemeinsam mit Psychologen einen eigenen Plan entwickelt, wie Betroffene am besten die schmerzhaften Erinnerungen am Gedenktag überstehen, der auf der Website ihrer Initiative ( http://www.holdthedoor.com ) veröffentlicht ist. So wie sein Vater an diesem Morgen den anderen die Tür aufgehalten habe und sie aus dem Gebäude gelotst hatte, wolle er nun selber anderen "die Tür aufhalten" und ihnen helfen, meint Fazio. Jeder Verlust eines geliebten Menschen sei ein traumatisches Erlebnis, doch man könne das Trauma mit Hilfe anderer wieder überwinden. Besonders für kleine Kinder kann die Erinnerung an den 11. September sehr schwierig werden, erläutert David Fassler, Professor für Psychiatrie an der Universität von Vermont. Alleine ein klarer Herbsttag wie damals oder der Schulbeginn könnten bei ihnen unbewusste Assoziationen an das vor einem Jahr Geschehene hervorrufen. Wenn im Fernsehen Bilder der brennenden Türmen gezeigt werden, könnten Kinder oft nicht verstehen, dass es sich nur um eine Wiederholung handelt, und glaubten an ein neues Unglück. Wichtig sei daher für die Eltern, mit den Kindern zu reden, Fragen nicht abzublocken, ehrliche Antworten zu geben und möglicherweise psychosomatische Beschwerden wie Kopf- und Bauchweh sowie Schlafstörungen ernst zu nehmen. Zahlreiche New Yorker fürchten jedenfalls schon jetzt die belastende Erinnerung an die Anschläge und wollen daher auf keinen Fall an Gedenkveranstaltungen teilnehmen. Beim offiziellen Gedenken der Stadt New York am 11. September ist die Zeremonie am "Ground Zero" den Angehörigen der Opfer gewidmet. (APA)