Nahost
UNO warnt: Humanitäre Lage der Palästinenser bald "außer Kontrolle"
Fast die Hälfte der Bevölkerung könnte ohne fremde Hilfe nicht überleben
New York - Die humanitäre Lage der Palästinenser ist
nach Angaben der Vereinten Nationen so verheerend, dass sie bald
außer Kontrolle geraten könnte. Die Not Hunderttausender von Menschen
in den Palästinensergebieten wird sich nach einem Bericht der
UN-Sonderbeauftragen Catherine Bertini weiterhin verschärfen, wenn
Israel nicht bald die weitgehende Isolierung lockert. Die Arbeitslosigkeit liege im Westjordanland inzwischen bei 65
Prozent, im Gazastreifen bei 70 Prozent, heißt es in Bertinis
Bericht, der am Donnerstag dem Weltsicherheitsrat vorgelegt werden
sollte. Fast jedes vierte Kind unter fünf Jahren leide an chronischer
oder akuter Mangelernährung. Fast die Hälfte der Palästinenser - 1,5
von 3,3 Millionen Menschen - könnten ohne fremde Unterstützung nicht
mehr überleben, schreibt Bertini.
"Wenn sich die Lage durch ein Ende der Blockade oder zumindest
eine Lockerung der Maßnahmen nicht bald bessert, wird die humanitäre
Situation blitzschnell außer Kontrolle geraten", warnt die ehemalige
Direktorin des UN-Welternährungsprogramms (WFP) in Rom. Die
Wirtschaft in den Autonomiegebieten sei mehr oder weniger
zusammengebrochen. Die israelische Blockade habe den Transport von
Menschen und Gütern von und nach Israel, Ägypten und Jordanien so gut
wie zum Erliegen gebracht.
Die Palästinenser hätten gut 100.000 Arbeitsstellen in Israel
verloren. Zugleich habe die landwirtschaftliche Produktion erheblich
abgenommen. Ein großer Teil der Bevölkerung sei von der
Gesundheitsversorgung, Bildungseinrichtungen sowie von Lebensmitteln
einschließlich Wasser abgeschnitten. Selbst die Hilfsorganisationen
würden durch die Vorschriften und Blockaden mittlerweile weitgehend
in ihrer Arbeit beschränkt.
Bertini hatte sich für ihre Bestandsaufnahme acht Tage in der
Region aufgehalten und auch Gespräche mit dem israelischen
Ministerpräsidenten Ariel Sharon und Palästinenser-Präsident Yasser
Arafat geführt. Beide Seiten stimmten in der Einschätzung überein,
dass die Lage der palästinensischen Zivilbevölkerung außerordentlich
Besorgnis erregend sei, wie die Sonderbeauftragte bereits im Juli in
New York berichtet hatte. Die israelische Regierung habe sich in den
Gesprächen bereit erklärt zu helfen, aber zugleich deutlich gemacht,
dass die Sicherheit der Bevölkerung Israels absoluten Vorrang habe. (APA/dpa)