Wien - Die Bilanz der Grünen zum UNO-Weltgipfels in Johannesburg fällt düster aus. "Jetzt droht ein verlorenes Jahrzehnt", so die stellvertretende Bundessprecherin Eva Glawischnig und die Grünen-Delegierte in Johannesburg, Gabi Moser, auf einer Pressekonferenz in Wien. Das Ziel, konkrete Vereinbarungen zu erreichen, sei klar verfehlt worden. Einen der wenigen positiven Punkte stellt für die Grünen der Beschluss dar, die Zahl der Menschen ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser und sanitären Einrichtungen bis 2015 zu halbieren. Auch die angekündigte Ratifizierung des Kyoto-Abkommens durch China, Russland und Kanada sei ein Hoffnungsschimmer. Alles in allem wären die beschlossenen Maßnahmen so wirksam, "als wolle man einen Herzinfarktpatienten mit Aspirin behandeln", resümierte Moser. EU ausgebremst Besonders enttäuschend für die Grünen sind die Ergebnisse der Verhandlungen zu den erneuerbaren Energien. Hier sei der moderate Vorschlag der EU von den USA und den OPEC-Staaten blockiert worden, bis 2010 15 Prozent des weltweiten Bedarfs mit diesen Energieformen zu decken. Im Gegenzug sei die von der EU beschlossene Initiative zum Aufbau einer eigenen Stromversorgung in den Entwicklungsländern sogar rückschrittlich. Glawischnig hierzu: "Bei den 700 Millionen Euro Förderung pro Jahr sind weder Atomkraft noch Kohle ausgeschlossen." Wenigstens diesen Punkt hoffe man bei der nächsten Konferenz in Bonn noch abändern zu können. Auch bei der Frage der Agrarsubventionen und der Öffnung der Märkte für Produkte aus Ländern der Dritten Welt habe sich laut Moser die EU als Bremser erwiesen. Deshalb müssten nun die Nationalstaaten die nachhaltige Entwicklung stärken. Österreich zähle EU-weit in der Frage der Reduktion der CO2-Emissionen und in der Höhe der Entwicklungshilfe zu den Schlusslichtern. Laut Glawischnig fehlen im kommenden Budget noch 360 Millionen Euro, um die im Kyoto-Protokoll vereinbarten Ziele zu erreichen. "Österreichs Nachhaltigkeitsstrategie ist ein schlechter Witz", meint Glawischnig. Die Regierung begreife Nachhaltigkeit als radikale Rückführung der Staatsquote. "Mit wem wollen wir auf der Ausgabenseite konkurrieren? Mexiko?", schloss Glawischnig ihre Ausführungen. Sima: Beim Klimaschutz jetzt die Ärmel hochkrempeln Obwohl am UNO-Weltgipfel in Johannesburg über weite Strecken viel "heiße Luft" produziert worden sei, dürfe dies auf nationaler Ebene nicht "als Ausrede zum Nichtstun in Sachen Nachhaltigkeit angesehen werden". Das erklärte SPÖ-Umweltsprecherin Ulli Sima am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Wien. Besonders beim Klimaschutz solle man "vor der eigenen Haustür kehren und die Ärmel hochkrempeln". Das Kyoto-Protokoll sei von Österreich zwar ratifiziert worden, die Finanzierung der konkreten Maßnahmen zur Erreichung dieses Ziels liege jedoch nach wie vor im Dunklen, kritisierte Sima. Außerdem forderte die SPÖ-Umweltsprecherin die Regierung dazu auf, für die "tollen Ziele" der österreichischen Nachhaltigkeitsstrategie konkrete Umsetzungsschritte auf den Tisch zu legen. Denn wie Johannesburg verdeutliche, mache eine unverbindliche Wunschliste ohne konkrete Maßnahmen zur Umsetzung und ohne Sanktionierung bei Nicht-Einhaltung der Bestimmungen wenig Sinn. Schwache Kompromisse und tatsächliche Erfolge Die Ergebnisse von Johannesburg im Klimaschutz bewertete Sima als positiv, obwohl die Ziele bei den Verhandlungen stark verwässert worden seien. Die Ankündigung Chinas und Russlands, das Kyoto-Protokoll zu ratifizieren, müsse als entscheidender Fortschritt gesehen werden. Die Resultate im Bereich Energie bezeichnete Sima demgegenüber als "schwachen Kompromiss" - vor allem, weil der Atomkraft im Aktionsplan eine Hintertür offen gelassen worden sei. In der Anti-Atompolitik auf der europäischen Ebene müsse Österreich aktiver werden. Als "tatsächlichen Erfolg des Gipfels" wertete Sima die Ergebnisse im Bereich Handel. So haben Vereinbarungen der WTO künftig keine Priorität mehr über multilaterale Umweltabkommen. Der faire Handel mit Entwicklungsländern müsse als leitendes Prinzip in der österreichischen Entwicklungspolitik verankert werden, forderte Sima. (APA)