Wien - Eine "echte Revolution der Eisenbahnkultur" hat am
Mittwoch der Vizepräsident der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ),
Richard Schenz, gefordert. Während Straßenverkehr und Luftfahrt schon
weitgehend liberalisiert seien, sei Wettbewerb auf dem
Eisenbahnsektor noch nicht gegeben. Schenz sprach sich damit erneut
für die rasche Öffnung des Schienenmarktes aus. Gleichzeitig
unterstützte der WKÖ-Vizepräsident in dem Zusammenhang die
Neuorganisation der ÖBB als "eine sehr wichtige und weit reichende
Entscheidung, die wohl demnächst in Österreich getroffen werden
muss".
Ziel der Neuorganisation müsse es sein, die Eisenbahnen zu einem
"zukunftsträchtigen Wirtschaftsfaktor mit ständigem Wachstum" zu
machen. In den vergangenen Jahren sei der Anteil des Schienenverkehrs
am gesamten Verkehrsaufkommen kontinuierlich zurückgegangen.
Österreich liege mit einem Schienengüteranteil von 19 Prozent zwar
gegenüber dem EU-Schnitt vergleichsweise gut da, in Zeiten eines
rasant steigenden Verkehrsaufkommens sei dies aber "dennoch keine
akzeptable Situation", so Schenz am Mittwoch auf einer
Eisenbahnkonferenz der WKÖ.
Arbeiterkammer: Zerschlagung nach britischem Vorbild
Gegen eine "überhastete Liberalisierung des Güter- und
Personentransportes auf der Schiene" und gegen eine "Spaltung der
ÖBB" ist hingegen die Arbeiterkammer (AK). Sie fürchtet im Falle
einer Teilung der ÖBB in Absatz und Infrastruktur "die Zerschlagung
und Schwächung der ÖBB nach britischem Vorbild". Vorrang müssen
stattdessen die soziale Harmonisierung und die Vereinheitlichung der
Ausbildung im europäischen Eisenbahnverkehr haben, so die AK in einer
Pressemitteilung.
Eine Aufspaltung der Bahn gehe zu Lasten der Bahn-Beschäftigten,
Steuerzahler und Bahn-Pendler. Die Effizienz von Bahn-Unternehmen
würde verschlechtert, die Zuschüsse aus Steuergeldern würden steigen.
Zudem drohe bei weiteren Liberalisierungsschritten mit einer
Verringerung des Sicherheitsniveaus, wenn die österreichische
Regierung bis dahin die für die ÖBB geltenden Bestimmungen betreffend
technischer Standards und Ausbildungsvorschriften für Lokführer nicht
für alle Bahnen auf dem österreichischen Schienennetz
rechtsverbindlich mache, fürchtet die AK. (APA)