Arbeitsmarkt
Streit um Berufsschutz geht weiter
ÖVP und Wirtschaftsbund wollen Lockerung - SPÖ gegen Aufhebung des Berufsschutzes
Wien - Die ÖVP sei im Interesse einer möglichst hohen
Beschäftigung für eine Diskussion in Richtung Lockerung des
Berufsschutzes. Dabei dürfe es aber in keinem Fall zu einer
Verschlechterung der Qualifizierung der Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer kommen, so ÖVP-Generalsekretärin Maria Rauch-Kallat
heute, Dienstag, in Reaktion auf Aussagen von ÖGB-Präsident Fritz
Verzetnitsch. Der Wirtschaftsbund spricht sich ebenfalls für, die SPÖ
jedoch gegen den Ersatz des Berufsschutzes durch einen
Einkommensschutz aus. Laut Rauch-Kallat agiert der ÖGB nach dem Motto: "Lieber
Arbeitslose verwalten, als Arbeit vermitteln". Mit einer Lockerung
des Berufsschutzes wolle die ÖVP auch auf die erhöhte Flexibilität
des Arbeitsmarktes und auf geänderte Berufsbilder Rücksicht nehmen.
So gebe es etwa "aussterbende Berufe", die künftig nicht mehr
benötigt würden. "Diese Menschen können wir dann nicht einfach in
Frühpension schicken, sondern müssen sie in geeigneter Form wieder in
den Arbeitsmarkt zurückbringen", so die ÖVP-Generalsekretärin.
Einkommensschutz
Den Ersatz des Berufsschutzes durch einen Einkommensschutz in der
Höhe von 80 Prozent des Letztbezuges entspricht nach Ansicht des
Österreichischen Wirtschaftsbundes den Anforderungen einer "modernen
auf Flexibilität ausgerichteten" Arbeitsmarktpolitik. Bleibe der ÖGB
bei der geäußerten Ablehnung dieses "Schweizer Modells", müssen er
sich die Frage gefallen lassen, ob die Gewerkschaft Arbeitslosigkeit
pragmatisieren wolle, so Wirtschaftsbund-Generalsekretär Karlheinz
Kopf. Der mehrmalige berufliche Wechsel innerhalb eines Arbeitslebens
entspreche schon längst der Realität in allen entwickelten
Industrienationen.
SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Doris Bures spricht sich gegen die
Aufhebung des Berufsschutzes aus und wirft der ÖVP vor, sie wolle ihr
Versagen am Arbeitsmarkt auf Arbeitslose abwälzen. Die einzige
Reaktion der ÖVP auf das Besorgnis erregende Ansteigen der
Arbeitslosigkeit sei der Vorschlag, die Rechte von Arbeitsuchenden zu
beschneiden", kritisiert Bures. Die SPÖ lehne daher die von
Rauch-Kallat vorgebrachte Forderung, den Berufsschutz für
Arbeitsuchende aufzuheben, ab. (APA)