Wien - Der österreichische Corporate-Governance-Kodex, eine Art Zehn Gebote für Unternehmen, der in den nächsten Wochen vorgestellt werden soll, wird das Vertrauen in den heimischen Kapital- markt stärken, erwartet Aktio- närsvertreter Wilhelm Rasinger. Mit einem Kursfeuerwerk sei allerdings nicht zu rechnen.Für den Kleinaktionär würde sich durch das Regelwerk, das Österreich als eines der letzten Länder Europas einführe, eine Verbesserung seiner Position ergeben, meinte Rasinger. So soll sein Zugang zu Informationen (Quartalsberichte, Ad-hoc-Mitteilungen, Anträge und Unterlagen für Hauptversammlungen) durch das Internet erleichtert werden. Außerdem werde im Kodex empfohlen, den im Übernahmegesetz vorgesehenen Abschlag von 15 Prozent auszuschließen. Und schließlich komme ihm auch die effizientere Kontrolle des Unternehmens zugute, die sich durch die Stärkung des Aufsichtsrats und die Aufwertung des Wirtschaftsprüfers ergebe. Erleichterung bei Vorstands- und Aufsichtsratsbesetzungen Anton Schmidl, Wirtschaftsprüfer der Süd-Ost-Treuhand (SOT), urgierte eine stärkere Berücksichtigung der für Österreich typischen Familienunternehmen. Im Bereich der Besetzung von Vorstands und Aufsichtsratspositionen seien deshalb Erleichterungen vorzusehen. Von den Aufsichtsräten verlangte er grundsätzlich mehr Professionalität, die durch entsprechende Entlohnung abgegolten werden sollte. Ausscheidende Vorstände, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte, die das Unternehmen kennen, sollten bei der Bestellung des Aufsichtsrats verstärkt berücksichtigt werden. SOT-Wirtschaftsprüfer Werner Albeseder trat dafür ein, dass der Kodex auch auf nicht an der Börse notierte Unternehmen angewendet wird. Wunderdinge dürfe man sich von ihm nicht erwarten, da schließlich keine rechtlichen Sanktionen vorgesehen seien. Sanktionen durch den Kapitalmarkt und die öffentliche Meinung werde es aber sehr wohl geben, wenngleich die Auswirkungen des Kodex auf das Verhalten der Unternehmen erst nach und nach sichtbar werden dürften. In einem Punkt waren sich die Wirtschaftsprüfer einig: Betrügerische Handlungen von Vorständen werden auch durch den Kodex nicht zu verhindern, vielleicht aber früher erkennbar sein. (gb, DER STANDARD, Printausgabe 4.9.2002)