Johannesburg - Es gibt Fortschritte - vor diesem Hintergrund begann am Montag in Johannesburg das politische Finale des bisher größten Umweltgipfels der UNO. Der kanadische Regierungschef Jean Chrétien versprach eine Ratifizierung des Kioto-Protokolls noch heuer - nach den USA, die das Protokoll keinesfalls unterzeichnen wollen, sind Kanada und Russland die wichtigsten Industriestaaten, deren Unterschrift noch aussteht. Das Protokoll gibt verbindliche Grenzen für den Ausstoß von Treibhausgasen vor, die für die Erderwärmung verantwortlich sind.Die Verhandlungserfolge die davor erzielt wurden: Umwelt- und Handelsrecht sollen gleichrangig behandelt werden, Delegierte werten den Abbau von Agrarsubventionen zum Nutzen der Länder der Dritten Welt als Durchbruch; und schließlich soll die Zahl der Menschen, die keinen Zugang zur Gesundheitsfürsorge haben, bis 2015 halbiert werden. Vorerst keine Einigung gab es allerdings beim Energiekapitel. Schröder: Initiative zum Ausbau erneuerbarer Energie Deutschlands Kanzler Gerd Schröder kündigte eine Initiative zum Ausbau erneuerbarer Energie an, die EU will den Anteil der "Erneuerbaren" in allen UNO-Nationen von derzeit 13 auf zumindest 15 Prozent bis zum Jahr 2010 bringen. Die USA legten einen Alternativvorschlag vor, der in seiner Allgemeinheit auch die Atomenergie umfasst - gegen mehr Nuklearstrom gibt es in Johannesburg allerdings heftige Bedenken. "Das wichtigste Wort auf dieser Konferenz ist Verantwortung - füreinander, aber vor allem für die Armen, für den Planeten und unsere Zukunft", appellierte UN-Generalsekretär Kofi Annan an die mehr als 100 zum Gipfel angereisten Staats- und Regierungschefs. Und er setzte nach: "Nichts ist in Ordnung." Er drängte, im Kampf gegen die Armut und für einen besseren Umweltschutz enger zusammenzuarbeiten. Bis Montag wurden aber immerhin folgende Vereinbarungen getroffen:
  • Artenvielfalt: Bis 2010 soll die derzeitige Geschwindigkeit des Artensterbens "deutlich reduziert" werden.

  • Chemikalien: Die negativen Auswirkungen von Chemikalien auf Mensch und Natur sollen bis 2020 minimiert werden.

  • Fischerei: Die Fischbestände dürfen nicht überfischt werden. Geschädigte Bestände sollen sich bis 2015 erholt haben.
  • Handel und Globalisierung: Umweltschädliche Subventionen (etwa jene für Steinkohle) sollen abgebaut werden (ohne Zeitvorgabe).

    Keine Vereinbarung über wettbewerbsverzerrende Subventionen

    Eine Extravereinbarung zu wettbewerbsverzerrenden Subventionen wurde jedoch nicht abgeschlossen. Die Entwicklungsländer hatten einen deutlichen Abbau von Agrarsubventionen der Industrieländer gefordert, der Gipfel ging in den bis Montag erreichten Formulierungen jedoch nicht über die Welthandelskonferenz von Doha von 2001 hinaus. Dort waren vage Zusagen vereinbart worden. Internationale Umweltabkommen werden den Regeln der Welthandelsorganisation aber gleichgestellt.

    Weiters heißt es: Der Verlust der natürlichen Ressourcen wie Seen und Wälder soll "so bald wie möglich" gestoppt werden. Bis 1015 soll die Zahl jener Menschen, die keinen sicheren Zugang zu Trinkwasser und zu Kanalisation haben, halbiert werden. Darauf einigten sich die Ministerdelegationen in einer Verpflichtungserklärung.

    Wasserpipeline für Totes Meer

    Eines der konkretes Ergebnisse ist die Absicht Israels und Jordaniens, gemeinsam das Austrocknen des Toten Meeres mit dem Bau einer Wasserpipeline zu verhindern.

    Die über hundert Staats- und Regierungschefs haben noch bis Mittwoch Zeit, den 71-seitigen Entwurf des Aktionplans zu verabschieden. Österreich wird durch die Minister Wilhelm Molterer und Ferrero-Waldner vertreten. Eva Glawischnig (Grüne) kritisierte, dass Bundeskanzler Wolfgang Schüssel dem Gipfel fernbleibe. Ulli Sima (SPÖ) warnte vor Gentechnik: Diese würde die Dritte Welt in noch größere Abhängigkeiten drängen. (APA, AP, AFP/DER STANDARD, Printausgabe, 03.9.2002)