Jerusalem/Ramallah - In Israel und in den autonomen
Palästinensergebieten mehren sich die Proteste gegen das Töten
palästinensischer Zivilisten durch die israelische Armee. Die
Autonomiebehörde warf Israel am Montag in einem offiziellen Schreiben
vor, in den vergangenen Tagen 15 Zivilisten im Gazastreifen und im
Westjordanland "kaltblütig getötet" zu haben. Unabhängige Berichte
zählten mindestens acht Zivilisten unter den Toten. Auch in der
israelischen Presse wird die Kritik an der "Schießwütigkeit" der
Armee lauter.
Aus nächster Nähe erschossen
Die Kritik folgte einem Zwischenfall von Sonntag früh, bei dem
Soldaten in der Nähe von Hebron im Westjordanland nach
palästinensischen und israelischen Berichten vier unbeteiligte
Arbeiter erschossen hatten. Die israelischen Medien berichteten am
Montag, die vier Männer, ein Vater und seine Söhne, seien lediglich
mit einer Axt und Säge "bewaffnet" gewesen und wollten vermutlich
Bäume auf einem Feld fällen. Palästinensische Berichte, wonach die
Männer von Soldaten aus nächster Nähe erschossen wurden, wurden nicht
bestätigt.
Bereits am Samstag hatte ein israelischer Kampfhubschrauber beim
Versuch, einen gesuchten palästinensischen Extremisten mit einer
Luft-Boden-Rakete zu liquidieren, in dem Ort Tubas im Westjordanland
zwei Kinder und zwei Jugendliche getötet. Am vergangenen Mittwoch
waren südlich von Gaza eine Frau, ihre zwei Söhne und ein Neffe durch
eine Panzergranate getötet worden. Insgesamt waren nach
palästinensischer Darstellung in den vergangenen Wochen 30 von 49
getöteten Palästinensern unschuldige Zivilisten.
"Panzer im Porzellanladen"
Auch die meisten israelischen Kommentatoren verurteilten am Montag
die "Schießwütigkeit" der Armee. "Die Wurzel des Problems sind nicht
die Fehler der Armee und ihrer Kommandanten, sondern eine Politik,
die ihnen erlaubt, sich wie Panzer im Porzellanladen aufzuführen",
schrieb die meistgelesene Zeitung "Yedioth Aharonot". "Es entsteht
der Eindruck, als ob die Armee in ihrem Eifer, Bäume zu fällen, den
ganzen Wald kahl schlägt", hieß es in "Maariv".
Der israelische Verteidigungsminister Benjamin Ben-Eliezer hat
mittlerweile eine Untersuchung der Zwischenfälle angeordnet. Er
erwarte ein Ergebnis bis zum kommenden Freitag, sagte der Minister.
Die israelischen Medien übten am Montag scharfe Kritik am Vorgehen
der Armee und machten den neuen Generalstabschef Moshe Yaalon für die
Gewaltanwendung gegen die Palästinenser verantwortlich.
Der israelische Präsident Moshe Katzav begrüßte die angeordnete
Untersuchung. Wenn die Armee zu dem Schluss komme, dass einige
Soldaten "schießwütig" seien, werde man daraus Schlüsse ziehen.
Außenminister Shimon Peres verteidigte am Montag die Soldaten. "Die
israelische Armee schießt nicht bewusst auf Zivilisten", sagte er in
einem Fernsehinterview. Allerdings müssten die Vorfälle der
vergangenen Tage sorgfältig untersucht werden. (APA/dpa)