Inland
Häupl stellt Bundesheer in Frage
Nach EU-Erweiterung neue Aufgabenstellung - "Kein Angriff der Schweiz zu erwarten" - ÖVP hält Ideen für "ungeheuerlich"
Wien - Der Wiener Bürgermeister Michael Häupl will die Rolle
des Bundesheeres überdenken. "Wenn unsere Nachbarstaaten der
Europäischen Union beitreten, stellt sich die Frage der
Landesverteidigung neu", sagte SPÖ-Vizeparteichef Häupl gegenüber der
Tageszeitung "Die Presse" (Montagsausgabe). Man könne "ja wohl davon
ausgehen, dass uns die Schweiz als einziges Nicht-EU-Mitglied nicht
angreifen wird". Aufgaben für das Bundesheer sieht Häupl allerdings im Bereich der
internationalen Verpflichtungen im Rahmen von EU und UNO. Die
"hervorragende Arbeit" des Bundesheers bei der Katastrophenhilfe wie
zuletzt beim Hochwasser könne man in Zukunft "mit einem
Freiwilligen-Heer, mit einem Berufsheer oder mit einer adaptierten
Wehrpflicht" leisten. Gegen eine Abschaffung der Wehrpflicht spreche
aber die Verknüpfung mit dem Zivildienst, und "Dutzende
Organisationen" seien von Zivildienern abhängig.
Gegen Abfangjägerkauf
Entschieden lehnt Häupl die Anschaffung von Abfangjägern ab. Die
Luftraumüberwachung sei in der EU "keine Frage eines einzelnen
Landes" mehr. Allerdings widerspricht der SP-Vize Parteifreunden, die
mit dem Verzicht auf die Abfangjäger eine Steuerreform finanzieren
wollen: "Wenn man Abfangjäger ab 2005 bezahlen muss, dann sehe ich
nicht, wie das mit einer Steuerreform 2003 zusammenhängen soll".
Eine Steuerreform 2003 will aber auch Häupl: "In Zeiten einer
Wirtschaftsrezession muss man dadurch gegensteuern, dass man die
Kaufkraft der Menschen stärkt." Er hält die Reform durch die zweite
Etappe der Verwaltungsreform, Deregulierungen und eine "Hochwasser-Anleihe" auch für finanzierbar.
ÖVP hält Häupl-Ideen für "ungeheuerlich"
Scharfe Zurückweisung seiner Ideen zum Bundesheer hat
Wiens Bürgermeister und Parteichef-Vize Michael Häupl (S) am Montag
von der ÖVP geerntet: Für Generalsekretärin Maria Rauch-Kallat wäre
eine Abschaffung "ungeheuerlich", Wehrsprecher Walter Murauer
kritisiert "hemmungslosen Linkspopulismus".
Häupl will - laut "Presse" - die Rolle des Bundesheeres
überdenken. "Wenn unsere Nachbarstaaten der Europäischen Union
beitreten, stellt sich die Frage der Landesverteidigung neu", sagte
er.
Man könne von einem Spitzenrepräsentanten der SPÖ offensichtlich
heute nicht einmal mehr ein Bekenntnis zur Landesverteidigung
erwarten, so Rauch-Kallat. Dies sei für eine ehemals
Regierungsverantwortung tragende Partei "bedauerlich und beschämend".
Der SPÖ sei die Landesverteidigung und damit die Sicherheit der
Menschen in Österreich nichts wert.
Gehe es nach Häupl, "hätten wir wohl auch keine Feuerwehr, die
bei der jüngsten Hochwasserkatastrophe Keller ausgepumpt hätte. Und
die tausenden Soldaten, die im Einsatz standen und geholfen haben,
der Lage Herr zu werden, wären auch nicht hier gewesen", meinte
Murauer. "Offenbar geht es den Sozialdemokraten als ehemals
staatstragender Partei nur noch darum, die Grünen in Sachen
hemmungslosen Linkspopulismus zu übertreffen", sagte der
ÖVP-Wehrsprecher. (APA)