Linz - Die Turbulenzen um den Kurs der FPÖ haben ihre potenzielle Wählerschaft massiv verunsichert: Mit 20 Prozent in der market-Hochrechnung ist sie auf einem vorläufigen Tiefpunkt angelangt. Gestärkt wird dadurch die ÖVP, die nun 29 Prozent hat, sich aber um die Mehrheit sorgen muss: SPÖ (seit Wochen bei durchschnittlich 36 Prozent) und Grüne (zwölf) kommen gemeinsam auch auf 48 bis 49 Prozent, Kleinparteien bekämen zwei bis drei.
Die Schwäche der FPÖ wird auch durch die Beantwortung der Frage dokumentiert: "Wer kann Ihrer Meinung nach mehr bewegen, kann die Interessen der eigenen Wähler besser vertreten, die ÖVP oder die FPÖ?" Darauf nennen 34 Prozent der 400 Befragten die Kanzlerpartei ÖVP - besonders stark herrscht dieser positive Eindruck bei höher Gebildeten und bei deklarierten ÖVP-Anhängern vor.
Der FPÖ trauen nur 16 Prozent - vor allem die eigenen Wähler - zu, sich mehr durchzusetzen. 24 Prozent meinen, beide Parteien setzen etwa gleich gut ihre Interessen durch, 21 Prozent trauen keiner der Koalitionsparteien Durchsetzungsvermögen zu.
Der Grund für die Schwäche der FPÖ hat einen Namen: Jörg Haider. Unter der Annahme, er würde wieder Parteichef und die FPÖ in die nächste Wahl führen, sagen in dieser STANDARD-Umfrage 59 Prozent, dies würde die FPÖ Stimmen kosten, nur 16 Prozent erwarten Stimmengewinne durch Haider. Selbst unter deklarierten FPÖ-Wählern glaubt eine Mehrheit, dass Haider der Partei schaden würde.
Ähnlich sieht es mit der Antwort auf die Frage aus, ob sich Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer oder Jörg Haider in den Diskussionen der letzten Woche durchgesetzt hätte: Bei der schon vor Haiders Rückzugserklärung durchgeführten Umfrage attestierten 61 Prozent Riess-Passer den Sieg, nur 15 Prozent Jörg Haider. 16 Prozent sehen ein Patt. "Auch wenn man da aus statistischen Gründen nicht zu viel hineininterpretieren sollte, kann man doch sagen, dass eine Mehrheit der FP-Wähler auf der Seite der Vizekanzlerin ist", erläutert market-Studienleiter David Pfarrhofer. Dies gelte auch für die Frage, ob Riess-Passer oder Haider besser geeignet wäre, die FPÖ zu führen. 68 Prozent trauen das Riess-Passer zu, 15 Haider. Auch in der FPÖ-Wählerschaft ist die Mehrheit klar für Riess-Passer.
Streit Grund für Popularitätstief
Aus einer am Montag veröffentlichten market-Umfrage geht hervor, dass der Streit innerhalb der FPÖ nach Ansicht eines
großen Teils der Österreicherinnen und Österreicher Grund dafür ist, dass
sich die Freiheitlichen in einem "Popularitätstief" befinden. Mit
Abstand am besten beurteilt wird die Arbeit von Finanzminister
Karl-Heinz Grasser.
Befragt wurde am 29. und 30. August ein repräsentativer
Querschnitt von 500 Österreicherinnen und Österreichern über 18
Jahre. Eine der Fragen lautete: "Wo liegt für Sie der Hauptgrund für
den derzeitigen Rückgang der FPÖ in der Wählergunst ?". 41 Prozent
nannten als Hauptgrund den "Streit in der Partei", weitere 18 Prozent
den "Ankauf von Abfangjägern" und neun Prozent die "Arbeit der
FPÖ-Regierungsmitglieder" sowie acht Prozent den "Fall Gaugg". 20
Prozent gaben - nicht näher ausgeführte - "andere Gründe" an, der
Rest der Befragten machte keine Angaben. Mit 47 beziehungsweise 48
Prozent nannten die ÖVP-Anhänger und die FPÖ-Anhänger in
überdurchschnittlichem Ausmaß den "Streit in der FPÖ" als Hauptgrund
für deren Popularitätsverlust.
Gefragt wurde auch, wie man die Arbeit der einzelnen
FPÖ-Regierungsmitglieder beurteilt. Finanzminister Grasser schnitt
mit 41 Prozent "Sehr gut" mit Abstand am Besten ab, gefolgt von
Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer mit 20 Prozent "Einser". Die
Minister Herbert Scheibner und Mathias Reichhold kamen auf jeweils
sechs Prozent "Sehr gut", Minister Herbert Haupt auf vier Prozent.
Justizminister Dieter Böhmdorfer erhielt von drei Prozent der
Befragten die Bestnote.
"Market" wollte auch die Stellung der Bevölkerung zur Steuerreform
wissen. 72 Prozent sprachen sich dabei für eine Verschiebung der
Reform auf 2004 aus, 22 Prozent waren für deren Realisierung noch im
Jahr 2003, der Rest wusste es nicht oder machte keine Angaben. Am
Stärksten war das Votum für die Verschiebung bei den ÖVP-Anhängern
(86 Prozent), von den FPÖ-Sympathisanten traten 69 Prozent für eine
Steuerreform erst 2004 ein. (Conrad Seidl/DER STANDARD, Printausgabe, 2.9.2002/APA)