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Foto: APA/EPA/Mario Tama
New York - Sein legendärer Status stammte aus der Swing-Ära der 30er-Jahre, als Jazz und Pop eins waren. Und obwohl sich der begnadete Bühnenmensch Lionel Hampton in erster Linie als Entertainer verstand, war er sich der politischen Signale, die er im Kontext seiner Musik aussandte, doch wohl bewusst.

Etwa im berühmten Quartett Benny Goodmans, einer der ersten gemischtfarbigen Formationen des Jazz, mit dem er 1938 die heilige New Yorker Carnegie Hall in einem längst Geschichte gewordenen Konzert dem Jazz weihte. Oder in den im Zeichen des Kalten Krieges stehenden 50er-Jahren, in denen er (ein unter afroamerikanischen Musikern rarer Parteigänger der Republikaner und als solcher auch Freund der Bush-Familie) im Auftrag des US-State Department durch Europa und Asien tourte - und dabei wie ein Rockstar gefeiert wurde: Hamptons Konzerte in Wien und Graz 1954 etwa versetzten das ausgehungerte Publikum derart in Raserei, dass serienweise zerschlagene Stuhlreihen zurückblieben.

Die Sache mit dem Vibrafon liest sich wie eine Geschichte aus dem Jazz-Bilderbuch: Es war Louis Armstrong, der den aus Louisville, Kentucky, stammenden Schlagzeuger im Zuge einer Session fragte, ob er nicht dem zufällig in einer Ecke vor sich hin dösenden Instrument Töne entlocken könnte. Das spontane Resultat war Memories of You mit Armstrong als Sänger, das mittelfristige jedoch die durch Hamptons vitale, auf ekstatische Höhepunkte zusteuernde Spielweise forcierte Popularisierung des Vibrafons als Jazzinstrument, als dessen eigentlicher Pionier Red Norvo genannt werden muss.

Das Engagement bei Goodman bedeutete den Durchbruch, ab 1940 tourte er mit seinem Orchester, durch dessen Schule u. a. Art Farmer, Quincy Jones, Illinois Jacquet und Dinah Washington gingen, um die Welt. Flying Home und vor allem Hey-Ba-Ba-Rebop gehören zu den noch heute bekannten Hits des Musikus, der in seinen Kollaborationen mit moderneren Beboppern wie Dizzy Gillespie oder Miles Davis, später auch mit Gerry Mulligan und Chick Corea, Offenheit bewies.

Lionel Hampton hat dem Tod viele Jahre hindurch eine lange Nase gezeigt. Obwohl von mehreren Schlaganfällen in seiner Motorik stark eingeschränkt und an den Rollstuhl gefesselt, überlebte er 1997 sogar einen Brand in seinem Apartment in Manhattan. Noch im Mai saß er spielend auf der Bühne. Samstagfrüh starb der 94-Jährige im New Yorker Mount-Sinai-Krankenhaus an Herzversagen. (Andreas Felber/DER STANDARD, Printausgabe, 2.9.2002)