Wirtschaft
Deutschland: Schärfere Bilanzpolizei
Eichel plant "Finanzmarktförderungsplan 2002-2006" mit Fokus auf Anlegerschutz
Hamburg - Der deutsche Finanzminister Hans Eichel (SPD)
will nach Informationen der "Financial Times Deutschland" schärfer
gegen kriminelle Manager und Wirtschaftsprüfer vorgehen als bisher
bekannt. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin)
solle nicht mehr nur Banken beobachten dürfen, sondern auch
Unternehmen, "die nicht dem Kreditwesengesetz unterliegen",
berichtete die Zeitung am Dienstag unter Berufung auf einen internen
Vermerk des Finanzministeriums. Eichel wolle sein Vorhaben, zu dem
auch die Einrichtung einer Art "Bilanzpolizei" gehört, noch am
Dienstag in einer Rede an der Frankfurter Börse erläutern. Eichel wolle die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
(BAFin) nach Vorbild der US-Börsenaufsicht SEC zu einer mächtigen
Behörde ausbauen. Durch die Ausweitung der Kompetenzen auf Firmen,
die nicht unter das Kreditwesengesetz fallen, könnten auch
branchenfremde Töchter von Banken sowie möglicherweise auch andere
Firmen künftig unter die Lupe genommen werden. Dabei soll die Behörde
nicht nur Banken zwingen können, ihren Konzernprüfer auszuwechseln.
Sie soll auch Prüfer von Tochtergesellschaften zurückweisen können,
wenn der Verdacht besteht, dass sie Fehler von Vorständen und
Aufsichtsräten decken oder Rechnungslegungsstandards nicht einhalten,
um Berateraufträge zu gewinnen.
Beispiel Bankgesellschaft Berlin
Als Beispiel werden in dem Vermerk die Bankgesellschaft Berlin und
ihre Immobilientochter IBG genannt. Die IBG hatte in den 90er Jahren
durch Immobiliengeschäfte Milliardenrisiken aufgehäuft, die die
Konzernmutter beinahe in den Ruin getrieben hätten. Die damalige
Aufsicht hatte nach eigener Auskunft den Beinahezusammenbruch deshalb
so spät bemerkt, weil sie auf die Nicht-Bank IBG keinen Zugriff
hatte. Der BAFin unterstellt werden soll eine privatrechtlich
organisierte "Bilanzpolizei", die bei Verdacht auf Manipulationen und
Tricksereien Sonderprüfungen durchführen kann. Dabei dürfen auch
Erkenntnisse verwendet werden, die das Bundesamt bei der Prüfung
anderer Unternehmen gewonnen hat.
Laut "FTD" will Eichel nach der Bundestagswahl einen
"Finanzmarktförderungsplan 2002-2006" vorlegen, in dem der
Anlegerschutz eine Hauptrolle spielt. Wie von Justizministerin Herta
Däubler-Gmelin (SPD) bereits angedeutet, wolle die Regierung zudem
die Haftungsansprüche von Aktionären stärken. Anteilseigner sollen
sowohl Vorstände als auch Aufsichtsratsmitglieder persönlich für
falsche oder irreführende Unternehmensmitteilungen haftbar machen
können. Bisher konnten Aktionäre nur Ansprüche gegen das Unternehmen,
nicht aber gegen Personen geltend machen. (APA)