Mensch
Dickdarmkrebs großteils verhinderbar
Wenn die Vorstufen der Tumoren entfernt werden - nach der Früherkennung
Wien - Das könnte ein enormer Fortschritt in der
Krebsbekämpfung sein: "90 Prozent aller Dickdarmkrebs-Erkrankungen
sind verhinderbar, wenn man die Vorstufen der Tumoren entfernt",
erklärte der Ex-Präsident der europäischen Gesellschaft der
Endoskopie-Spezialisten, Univ.-Prof. Dr. Friedrich Hagenmüller
(Hamburg), am Freitag bei einer Pressekonferenz in Wien. Der Hintergrund: Derzeit tagen zentraleuropäische
Gastroenterologie-Fachleute in Wien. Sie diskutieren die neuesten
Entwicklungen auf dem Gebiet der Endoskopie sowie der Organisation
von Früherkennungs- und Vorsorgemaßnahmen.
Univ.-Prof. Dr. Tomica Milosavljevic serbischer und
montenegrinischer Gesundheitsminister und selbst Gastroenterologie:
"Wir sind nach den politischen und wirtschaftlichen Krisen dabei,
unser Gesundheitswesen auf der Basis des Bismarckschen Systems neu
aufzubauen. Unsere erste Öffentlichkeitskampagne zur Krebsbekämpfung
wird eine gegen Lungenkrebs sein. Doch dann folgt schon eine Kampagne
gegen Dickdarmkrebs an zweiter Stelle."
"Killer"
Das ist der "Killer" laut der britischen TV-Anchorwoman Lynn
Foulds-Wood: "In Großbritannien fordert nur der Lungenkrebs noch mehr
Tote. Darmkrebs ist für mehr Opfer verantwortlich als Brust- und
Gebärmutterhalskrebs. Ich bin dankbar, hier sein zu dürfen. Ich bin
dankbar überhaupt 'sein' zu dürfen. Ich hatte Darmkrebs und könnte
ganz leicht bereits tot sein. Man sieht die Erkrankung niemandem von
außen an. Man muss danach suchen."
Die traurige Angelegenheit in Österreich laut Univ.-Prof. Dr. Paul
Sevelda, Präsident der Österreichischen Krebshilfe: "Es gibt pro Jahr
rund 5.000 Neudiagnosen von Darmkrebs. Etwa die Hälfte der Patienten
stirbt daran. Bei den Männern ist nur Lungenkrebs häufiger für
tödliche Krebserkrankungen verantwortlich, bei den Frauen
Brustkrebs. Wir reden viel über die Brustkrebs-Früherkennung. Doch
wir hören fast nichts über den Darmkrebs."
Dabei hätten stünden Medizin, Gesundheitswesen und Gesellschaft
die Mittel zur Verfügung, um diese Tragödien zu verhindern.
Hagenmüller: "Man muss den Darm von den Vorstufen der Tumoren, den
Polypen freihalten."
Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen unabdingbar
Dazu sind regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen unabdingbar. Sevelda
über die österreichischischen Empfehlungen: "Ab 40 sollte einmal im
Jahr ein Stuhltest auf Blut durchgeführt werden. Ab dem 50.
Geburtstag sollte jeder Mensch alle fünf bis sieben Jahre zur
Endoskopie-Untersuchung des Darmes (Kolonoskopie, "Darmspiegelung",
Anm.) gehen."
Darmkrebs entwickelt sich in 90 Prozent der Fälle langsam aus
gutartigen Polypen. Frühzeitig erkannt, können sie sogar ohne
Operation entfernt werden. Dann ist die Gefahr gebannt. - Und mit der
"Vorlaufzeit" von mehreren Jahren, die ein Tumor zur Entwicklung
braucht, wäre genug Spanne für die Früherkennung gegeben.
Erste Erfolge mit solchen nationalen Programmen hat bereits
Tschechien. Der Prager Gastroenterologe Univ.-Prof. Dr. Julius
Spicak: "Wir haben aber auch mit 800 neuen Darmkrebsfällen und 600
Todesopfern pro Million Einwohner und Jahr auch ein Problem, das
nicht nur medizinische, sondern soziale Dimensionen hat."
Auch Österreich könnte auf diesem Gebiet viel besser werden.
Sevelda: "Laut einer Umfrage der Österreichischen Krebshilfe kennen
76 Prozent der über 50-jährigen Österreicher die Möglichkeiten zur
Darmkrebs-Früherkennung. Doch 67 Prozent der Menschen dieser
Altersgruppe haben die Untersuchung noch nicht durchführen lassen."
(APA)