Nichts gegen ausgefeiltes wissenschaftliches Arbeiten, nichts gegen ausführliche Abhandlungen kulturwissenschaftlicher Methoden. Schon gar nicht, wenn es sich dabei um ein Buch aus dem "Bastei - dem Arztroman, dem die Frauen vertrauen - Lübbe Verlag" kommen. Nur was macht LeserIn, wenn er/sie durch das Dickicht der methodischen Erklärungen nicht bis zum eigentlichen Inhalt des Buches gelangt und sich während zumindest der ersten 140 Seiten fragt, wann denn nun endlich die auf jeder der erwähnten Seiten angepriesene tiefschürfende Auseinandersetzung mit den Sherpas kommen mag?

Die Sherpas, ethnische Gemeinschaft und "hervorragende Bergführer"

Nun soll zumindest in diesem Artikel kurz auf die vermeintlichen Helden des Buches von der Anthropologie-Professorin an der Columbia University, Sherry B. Ortner "Die Welt der Sherpas. Leben und Sterben am Mount Everest" eingegangen werden. Die Sherpas sind ein Volk am Fuße des Mount Everest und als "hervorragende Bergführer" bekannt geworden. Bereits im 19. Jahrhundert stellten sie wichtige Begleiter der englischen und deutschen Expeditionen dar, die sowohl zur Vermessung und wissenschaftlichen Erkundung der nepalesischen Berge, als auch zur romantischen Selbst- und Naturüberwindung diesen 8000er zu erklimmen versuchten.

Ihr Ruhm als "bis zur Selbstaufopferung solidarische", immer "fröhliche und gelassene" Expeditionsteilnehmer konnten die Sherpas bis heute bewahren. Sherry B. Ortner, deren Buch durchgängig mit einem gender-spezifischen Zugang geschrieben ist, geht in ihren Abhandlungen sowohl auf "orientalistische" Zuschreibungen und Bilder im Sinne von Edward Said ein, als auch auf Selbstbeschreibungen und Autobiografien der Sherpas.

Den Frauen am Berg wird auch ein eigenes Kapitel gewidmet. Ab den 70ern und der zweiten Frauenbewegung erhöhte sich sowohl der Anteil der "Memsahibs" (d.h. weiblichen Sahibs), als auch der der weiblichen Sherpas. Inwiefern sich der bislang von Männern beherrschte Alltag rund um die Mount Everest-Expeditionen änderte, welche Interaktionen zum Beispiel zwischen den selbstbewußten und sexuell aktiven westlichen Frauen und den Sherpas entstanden, wird ebenso behandelt, wie deren (aufkeimender?) Sexismus.

Methode vor vermeintlichen Inhalt

Und auch wenn mit präziser Genauigkeit versucht wird, sowohl die Herkunft der Sherpas, als auch ihre Religionsgeschichte, die Geschichte und soziale Herkunft ihrer Auftraggeber (den Sahibs), den kulturhistorischen Hintergründen und Vorstellungen der 8000er-Jagden zu behandeln, bleiben die eigentlichen Hauptprotagonisten zu sehr im Dickicht der methodischen Abhandlungen versteckt. Wer sich jedoch in knappen Seiten einen kleinen Überblick über die "Cultural Studies" und deren Zugänge machen will und nebenbei noch ein wenig nepalesische Bergluft schnappen will, ist aber mit diesem Buch bestens beraten. (e_mu)