In einer Marktnische zwischen handgemachten "kaltgerührte Kokosölseifen mit Aprikosenkernöl" und Zutaten von Alpenspeik bis Zimtöl betreibt der letzte Seifensieder Wiens sein Handwerk
Redaktion
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Etwas abgelegen liegt sie, die letzte Seifensiederei
Wiens, in der noch reinstes Handwerk verkauft wird. Für die
Spezialität des Geschäfts von Friedrich Weiss, seine handgemachten
"kaltgerührten Kokosölseifen", kommen die Kunden sogar bis in die
Langobardenstraße nach Stadlau (Donaustadt). Mit seinen ökologischen
Produkten hat Weiss eine Nische erkannt, die sich perfekt in den
Trend zu Wellness- und Naturprodukten einreiht.
Das Waschutensil schlechthin, die Seife, ist zumindest 4.500 Jahre
alt. Auf einer sumerischen Tontafel wurde eine Rezeptur für die
Herstellung gefunden - "Man mische die Asche von Dattelpalmen oder
Tannenzapfen mit Pflanzenölen und koche sie", so die in jedem Sinn
des Wortes "altertümliche" Rezeptur. Ein Luxusartikel blieb die Seife
auch im als wenig reinlich bekannten Mittelalter, als die Produkte
der Kunst der Seifensiederei einigen wenigen Begüterten vorbehalten
waren.
Erst mit dem Aufschwung der Textilindustrie zu Anfang des 18. Jahrhunderts machen auch die Seifensiedereien einen Schritt in
Richtung Massenproduktion und verfeinerten ihre Methoden. Seit dem
19. Jahrhundert siedete man die Fette auch mit Laugen. Durch die
großtechnische Herstellung von dem zur Verseifung notwendigen Soda
wurde das Hygieneprodukt von einem Luxus- zu einem industriell
gefertigtem Massenutensil, das sich auch die breite Bevölkerung
leisten konnte.
Seither diktieren die Maschinen die Seifenproduktion, immer mehr
wird immer schneller produziert. Den Reinlichkeits-Boom nutzte auch
der Vater von Friedrich Weiss, der 1924 im 9. Wiener Gemeindebezirk
die "Weissil Seifenfabrik" gründet. Die Fabrik wurde im Krieg
zerstört und nahm 1946 an einem neuen Standort, eben in Stadlau,
wieder die Produktion auf. Der Vater, erinnert sich Friedrich Weiss,
habe ständig die neuesten Maschinen besorgt und sei immer auf dem
aktuellsten Stand der Seifentechnik gewesen.
Auch er, der den Familienbetrieb 1975 übernahm, habe ständig
modernisiert und nach der Konsum-Pleite sogar dessen
Seifenmaschinenpark aufgekauft. "Das hat mich schließlich zur
Besinnung gebracht" meint Weiss nachdenklich - der Markt sei eng
geworden, globale Konzerne hätten billiger produziert, und für kleine
oder mittelgroße lokale Anbieter sei es immer schwerer geworden, im
Wettbewerb zu bestehen.
Weiss, der sich leidenschaftlich mit der Geschichte der
Seifensiederei beschäftigte, erkannte eine Nische - "die nachhaltige
Produktion von Seifen". Mit minimalem Energieaufwand wolle er Waren
herstellen, die nicht nur dem Geldbeutel des Produzenten, sondern vor
allem der Haut Freude machen - "wie früher, als Qualität noch
oberstes Gebot war". Er wollte nicht mehr wie allgemein üblich die
Halbfertigprodukte zukaufen, sondern die Herstellung von Beginn an
steuern: "Wie ein Tischler, der nicht fertige Platten, sondern das
Holz kauft und selbst zuschneidet."
Seine "kaltgerührten Kokosölseifen" stellt der
experimentierfreudige Stadlauer auf schonende Art her, wie sie sonst
schon lange nicht mehr angewendet wird: Die Pflanzenöle werden nicht
gekocht, sondern unterhalb des Siedepunktes gerührt und mit Lauge
vermengt. So entsteht Seife mit hohem Glyceringehalt, was eine gute
Feuchtigkeitsregulierung bewirkt. Sie wird in eine einfache Form
gegossen und geschnitten.
"Wir haben keine aufwendigen Pressformen oder schöne Verpackungen"
erklärt Weiss, der seine mit verschiedensten ätherischen Ölen
angereicherten "Edel-Seifen" gemeinsam mit seiner Schwester im
Stadlauer Geschäft feilbietet. Allein auf die Qualität des Produktes
komme es an, alles Weitere mache die Seife nur teurer, meint er. Auch
auf Werbung verzichte man - man baut auf Mundpropaganda.
"Ich kann mir gar nicht mehr vorstellen, mich ohne diese Seifen zu
waschen", bestätigt auch gleich eifrig eine Kundin, die sich gerade
mit einem Vorrat an "Millenniums-Seifen" eindeckt - eine der neueren
Kreationen des Meisters. Der Kreativität sind kaum Grenzen gesetzt -
"Der Rose von Stadlau" heißt eine der Seifen, eine andere
"Sensationell". Von Alpenspeik (ein Kraut, Anm.) bis Zimtöl reichten
die aromatischen Zutaten. Die Ingredienzen bestimmen dann auch den
Wert der Kosmetika - und mit einem Preis von drei bis 16 Euro sind
sie freilich schon ein bisschen Luxus, diese Seifen.
(apa/red)
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