John Zachary DeLorean war ein Superstar.

1925 in Detroit geboren, verkörperte der US-Manager in den Siebzigern den Prototypen des toughen und erfolgreichen Konzern-Strategen. Was er angriff, wurde zu Gold. 1973 heuerte er bei Chevrolet an. Wenige Monate später war der Shooting-Star Vizepräsident von General Motors. Doch der charismatische GM-Kronprinz überwarf sich mit der Konzern-Spitze, dankte ab und gründete 1974 die „DeLorean Motor Company“ DMC. Der Auto-Guru hatte der Welt noch eine Vision zu verkaufen. Einen Super-Sportwagen. Eine Entscheidung mit fatalen Konsequenzen. Es folgen Lektionen in Demut in zehn handlichen Punkten.

montage: derstandard.at

Lektion 1.1.: Vertraue dem Markt. Er weiß schließlich, was Sache ist.

Der Visonär setzte auf gnadenlose Innovation. Der „DeLorean“ sollte mit einer Edelstahlkarosserie, Flügeltüren und einem Mittelmotor-Konzept den Markt aufrollen. Aufwändige Fertigungstechniken und ein revolutionäres Sicherheitskonzept galten als Garant für den Erfolg. Doch Mitte der Siebziger lag die Autobranche am Boden. Der Ölschock steckte der Wirtschaft tief in den Knochen. Japanische Low-Fi-Wägelchen boomten. DeLoreans Konzept: Ein Antagonismus.

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Lektion 1.2.: Misstraue italienischen Stardesignern. Sie machen einfach nur schöne Autos.

1975 ließ sich DeLorean von Giorgetto Giugiaro den ersten Prototypen zeichnen. Der Italiener designte einen knackigen Seventies-Keil, das „DeLorean Safety Vehicle DSV“. Der Karosserie-Entwurf Giugiaros basierte jedoch auf einem neuen Werkstoff, der zu Produktionsbeginn nicht zur Verfügung stand. Das gesamte Konzept musste völlig überarbeitet werden.

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Lektion 1.3.: Misstraue Formel-1-Zampanos. Sie kennen die Straße der Vernunft nicht.

1979, die ersten beiden Prototypen waren bereits fertig, betraute DeLorean Formel-1-Mann Colin Chapman mit der Entwicklung des Serienfahrzeugs. Der Gründer der englischen Sportwagenschmiede „Lotus“ wollte den ersten DeLorean in 18 Monaten auf die Räder stellen. Es wurden 25 Monate. Chapmans Baby, der DMC-12, war ein hektisch zusammengebastelter Bastard. Vom ehrgeizigen Rohkonzept blieben nur die Flügeltüren und die Edelstahlkarosserie. Porsche hatte zuvor die Entwicklungszeit mit vier Jahren veranschlagt. DeLorean hatte die Kassandra-Rufe nicht erhört.

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Lektion 1.4.: Misstraue dem Nordiren. Sie haben wichtigere Probleme.

DeLorean brauchte eine Fabrik. DeLorean brauchte Cash. Beides bekam er von der britischen Regierung. Im krisengeschüttelten Nordirland sollte DeLorean die Produktion des DMC-12 ansiedeln. Ein Job-Wunder sollte die aufsässige Region befrieden. Im Gegenzug versprachen die Briten einen schmucken 100-Millionen-Dollar-Kredit. 1979 wurde nahe Belfast der Grundstein gelegt, ein Jahr später stand das Prestigobjekt. Politische Zugeständnisse hemmten die Produktivität: So wurde die Belegschaft exakt zur Hälfte aus Katholiken und Protestanten rekrutiert. Jede der beiden Religionsgruppen hatte ihren eigenen Eingang. Bombenanschläge waren an der Tagesordnung.

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Lektion 1.5.: Misstraue dem Golem Technik. Er ist unberechenbar.

Trotz aller Widrigkeiten, am 21. Januar 1981 war es so weit: Das erste Fahrzeuge lief vom Band. Ein Exot mit edelstahlbeplanktem Glasfaserbody und Flügeltüren aus Edelstahl. Ready For Lift Off. Es sollte eine veritable Crash-Landung folgen. Der Motor war mit seinen 156 PS alles andere als quickfidel, das Bremssystem unterdimensioniert, die Fahrwerksabstimmung miserabel. Doch das wussten die potenziellen Kunden zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Sie vertrauten der von Marketing und Medien ventilierten Mär vom neuen Super-Sportwagen.

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Lektion 1.6.: Misstraue der eigenen Hybris. Sie macht mit dir, was sie will.

Als im Frühjahr 1981 die ersten hundert Edelstahl-Boliden per Luftfracht nach New York eingeflogen wurden, waren die Auftragsbücher voll. 158 Händler standen bereit. 25.000 Dollar mussten den exklusiven Dealern über den Tisch gereicht werden. DeLorean vertraute der Anfangseuphorie und rechnete mit einem Massenmarkt. Prompt ließ er die Produktion verdoppeln. Zu den bekannten Konstruktionsschwächen gesellten sich in der Folge eklatante Qualitätsmängel. Eine brisante Mischung, die der betuchte Kunde mit der gebührenden Antwort bedachte. Die Verkaufszahlen brachen ein.

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Lektion 1.7.: Misstraue dem Glanz. Er macht blind.

Dessen ungeachtet warf DeLorean ein Sondermodell der Superlative auf den Markt: Einen Wagen, ganz in Gold. Die schicke 24-Karat-Beschichtung sollte der Eyecatcher schlechthin werden. Der Verkaufspreis der im Dezember 1981 präsentierten Edelflunder betrug 85.000 US-Dollar. Eine horrende Summe, für die man sich drei Ferrari in die Garage stellen konnte. Eine Kleinserie von 100 Einheiten sollte aufgelegt werden. Nur drei Stück wurden gebaut. Die Autoschmiede lag am Boden.

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Lektion 1.8.: Misstraue Margaret Thatcher. Sie ist eine Diva.

Die „Eiserne Lady“ sollte schließlich der Sargnagel für die angeschlagene „DeLorean Motor Company“ werden. Trotz der Millionen-Investitionen entpuppte sich das Belfaster Werk nicht als das erhoffte Allheilmittel für politische Fehlentscheidungen. Irgendetwas unter ihrer Betonfrisur sagte schließlich „STOP“ – und mit einem Mal war der DeLorean seinen wichtigsten Finanzier los. Die Kundschaft ebenso. Der Edelstahl-Flop stand wie Blei in den Schauräumen. Im Sommer 1982, nach zahlreichen Rettungsversuchen, stellte DeLorean die Produktion ein. Im September wurde der Konkurs verhängt.

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Lektion 1.9.: Vertraue niemandem.

Im Dezember 1982 wurde John Zachary DeLorean mit einem Koffer voll Heroin verhaftet. Einen Tag danach ereilte die "DeLorean Motor Company LTD" nach nur 8.583 produzierten Einheiten der Todesstoß: Liquidation. Die Pressformen wurden in der Nordsee versenkt. Zwei Jahre musste DeLorean in einem Aufsehen erregenden Drogen-Prozess um seine Unschuld kämpfen. Dann wurde er von allen Anklagepunkten frei gesprochen. Das FBI hatte die Sache eingefädelt. Die Hintergründe blieben im Dunkeln. (kommunikaze)

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