Wien - Eindeutig ablehnend äußerte sich ÖVP-Klubobmann Andreas Khol am Donnerstag in einer Pressekonferenz zu den Aussagen von Volksanwalt Ewald Stadler (F) über eine "angebliche Befreiung Österreichs vom Faschismus und der Tyrannei 1945". Er erwarte von jedem Spitzenpolitiker ein "unzweideutiges Bekenntnis" zum Verfassungskonsens von 1945, dass der Nazi-Staat ein Verbrecherstaat war. Jede Aufrechnung von kommunistischen Verbrechen und NS-Verbrechen führe zur Verharmlosung des NS-Verbrecherstaates, sagte Khol. Eine Rücktrittsaufforderung oder eine Erwartung an die FPÖ äußerte der ÖVP-Klubobmann nicht. Aber er erklärte klar: Der Historikerstreit in Deutschland habe gezeigt, dass jede Aufrechnung von kommunistischen und nationalsozialistischen Verbrechen "zu Zweideutigkeiten führt, zu Revisionismus und zur Verharmlosung des NS-Verbrecherstaates". Kein Spitzenpolitiker dürfe sich hier in "Zweideutigkeiten begeben, sondern hat unzweideutige Erklärungen abzugeben" - und zwar ein "unzweideutiges Bekenntnis zur Verfassung. Das beinhaltet den Verfassungskonsens von 1945, dass der NS-Staat ein Verbrecherstaat war und es die Verpflichtung von uns allen ist, alles zu tun, damit es nie mehr zu solchen Verbrechen kommt". Molterer und Stadler Die Kritik an den Aussagen von FPÖ-Volksanwalt Ewald Stadler zur "Befreiungsideologie" geht weiter. Im "Kurier" spricht der Vize-Obmann der ÖVP, Willi Molterer, von Verharmlosung des Nationalsozialismus. Für Stadlers Kollegen in der Volksanwaltschaft, Peter Kostelka (S), sind die Ansichten des FP-Politikers "ungeheuerlich". Molterer: "Stadlers Aussagen stellen eine Verharmlosung des Nationalsozialismus dar und schaden dem Ansehen Österreichs. Verantwortung im Umgang mit der Geschichte ist von allen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens einzufordern." Stadler müsse seine Geschichtsinterpretationen daher klarstellen. "Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass ein Politiker der Zweiten Republik solche Äußerungen macht", so Kostelka. "Das ist ein ungeheuerlicher Versuch, die Geschichte umzuschreiben. So sollen die demokratischen Errungenschaften nach 1945 in Frage gestellt werden." Österreich sei "natürlich" auch in der Zeit von 1945 bis 1955 demokratisch regiert worden. Dass die Alliierten sich einen Teil der Souveränität zurückbehalten haben, sei nach den Gräueln der NS-Zeit verständlich gewesen. Der Blaue verkläre mit seinen Aussagen die Zeit vor 1945 - "aber an den Nazis, den Konzentrationslagern und dem Holocaust gibt es nichts zu verklären", sagt Kostelka. Rauch-Kallath: Freiheitliche gefordert Auch ÖVP-Generalsekretärin Maria Rauch-Kallath verwahrt sich gegen jegliche "Verharmlosung des Unrechtsregimes im 3. Reich". Im STANDARD-Gespräch sagte sie: "Die ,Klarstellung‘, die Stadler getroffen hat, war ja eine Verstärkung dessen, was er gesagt hat." Und das Gesagte sei "klar zurückzuweisen". Jetzt seien eindeutig die Freiheitlichen gefordert, denn "für alles das, was der Herr Stadler tut, ist die FPÖ, die ihn in diese Position entsandt hat, zuständig", betonte die ÖVP-Generalsekretärin. (APA/DER STANDARD, Printausgabe 5.7.2002)